Wenn man heutzutage den Umfang des Militärbudgets der Welt und die überwältigende Anzahl von Waffenherstellern einiger Industrieländer betrachtet oder davon hört, dass eine gewisse Menge an Weizen in das Meer geschüttet wird, um den Weltpreis des Weizens kontrollieren zu können, obwohl einige Menschen sogar mit einer Handvoll dieses Weizens dem Hunger entgehen könnten oder andere nur einen Dollar dieses Geldes zum Überleben brauchten, staunt man vor Entsetzen. Und wenn die Herstellung und Aufbewahrung von Massenvernichtungswaffen seitens großer Mächte erlaubt wird und sie dies als ihr gutes Recht betrachten, staunt man erneut. Der bipolare Umgang mit der Thematik des Terrorismus und dutzende weitere Angelegenheiten dieser Art fordern jeden natürlichen und freien Menschen dazu auf sich zu fragen, wieso dies der Fall ist?
Als Antwort auf diese Frage sollte man sagen, dass Unterschiede in den Ansichten und unterschiedliche Grundlagen die Hauptursache dieser Art von Unvereinbarkeiten bilden, die mithilfe der Moralphilosophie und außerdem der Beantwortung einer Reihe essentieller Fragen geklärt werden müssen. Fragen wie beispielsweise: Woher kann man wissen, welche Tat wertvoll und moralisch ist und welche Tat schlecht und unmoralisch? Was ist gut und was ist schlecht und welche Kriterien kann man anwenden, um das eine oder andere bestimmen zu können? Ist eine unangebrachte Tat auch unter jeder Voraussetzung unangebracht? Und wieso muss man sich im Wesentlichen an der Moral und an Werten orientieren? usw. …
Einen Teil dieser Unterschiede unter den existierenden Ansichten muss man zwar innerhalb der diversen Denkschulen humanistischer Moral suchen, ein anderer Teil dieser Unterschiede kann jedoch aus dem Glauben oder dem Mangel am Glauben an die Scharia stammen. Die Frage, die hierbei entsteht, befasst sich damit, ob die Scharia bei der Bestimmung und Konzeption einer Antwort auf solche moralische Fragen einen Einfluss besitzt oder nicht.
Es ist nennenswert, dass die „Scharia“ eine allgemeingültige und eine spezifische Bedeutung besitzt. Die Scharia in ihrer allgemeinen Bedeutung kann für den Begriff Religion stehen, wobei man mit der „Scharia des Islam“ jedoch die gesamte Religion des Islam bezeichnet. In ihrer spezifischen Bedeutung jedoch steht die Scharia für besondere Anbetung und religiöse Vorgaben und Gebote, welche die praktischen Pflichten und Verantwortung des Gläubigen bestimmen, wie beispielsweise die fünf Pflichtvorgaben (islamisch verpflichtend (vajeb), islamisch verboten (haram), islamisch empfohlen (mostahab), islamisch unbeliebt (makrooh) und islamisch zulässig (mabah) und Umstandsvorgaben (wie beispielsweise: islamisch rein (halal), islamisch unrein (haram), Authentizität, Nichtigkeit, Ehe, Werte, usw. …)
Auch die „Moral“ besitzt zwei Bedeutungen: die eine stützt sich auf die „inneren Eigenschaften und Talente“[1] und sehen die Moral als „menschliche Werte und wesensbezogene Tugenden“[2] und die andere basiert auf dem „äußerlichen Verhalten und den äußeren Taten und Aspekten“ und deuten die Moral somit als „menschliches bewusstes Verhalten, wie es idealerweise sein sollte“[3]. Mit einer umfassenden Ansicht kann man aber folgendes behaupten: Die Moral besteht aus der Sammlung „positiver Verhaltenszüge und Eigenschaften des Menschen“[4].
Zwei historische Zwillinge
Man erkennt mittels gültiger religiöser und historischer Texte, dass die „Moral“ und Werteorientierung gemeinsamer Nenner der Bemühungen aller Denker der Menschheit im Laufe der Zivilisation war und das Prinzip der Verbreitung der „Scharia“ und die Achtung religiöser Konventionen und Rituale immer zumr Menschen gehört hat. Die göttlichen Propheten und deren Schüler waren nämlich die moralischen Leiter und Lehrer der Menschheit und luden stets zu der wahren Scharia ein, sodass die deutlichste Besonderheit der Gefolgschaft göttlicher Propheten in deren Orientierung an der Scharia lag.
Aufgrund von historischen, philosophischen und gesellschaftlichen Hintergründen versuchen jedoch einige Leiter religiöser Institutionen (vor allem einige Kollegen aus der Kirche) in der heutigen Zeit einerseits die Scharia auf das Geringste zu reduzieren und die verpflichtenden Vorgaben der Scharia so weit wie möglich zu verringern und andererseits „moralische Ratschläge“ als einzige Dimension der Religion vorzustellen. Für Gläubige existiert jedoch die sichere Wahrheit, dass ebenso, wie die „Moral“ zu den konstanten Methoden göttlicher Propheten zählte, auch die „Scharia“ zu ihrer Lebensweise gehörte.
Daher besteht kein Zweifel daran, dass die Moral und die Scharia im Laufe der Menschheit Zwillinge darstellten und gleichermaßen geschützt wurden.
شَرَعَ لَکُم مِّنَ الدِّینِ مَا وَصَّی بِهِ نُوحًا وَالَّذِی أَوْحَیْنَا إِلَیْکَ وَمَا وَصَّیْنَا بِهِ إِبْرَاهِیمَ وَمُوسَی وَعِیسَی أَنْ أَقِیمُوا الدِّینَ
Er verordnete für euch die Religion, die Er Noah anbefahl und die Wir dir offenbart haben und die Wir Abraham und Moses und Jesus anbefohlen haben. Nämlich (die), bei der Einhaltung der Religion treu zu bleiben. (Asch-Schura | 42:13)
Der heilige Koran äußert in einem anderen Vers bekennt sich zur Gerechtigkeit, welche zu den bedeutendsten moralischen Tugenden jeder Gesellschaft gehört, als Ziel der Mission göttlicher Propheten und offenbart folgendes:
وَلِكُلِّ أُمَّةٍ رَّسُولٌ فَإِذَا جَاءَ رَسُولُهُمْ قُضِيَ بَيْنَهُم بِالْقِسْطِ وَهُمْ لاَيُظْلَمُونَ
Und für jede Nation ist ein Gesandter (bestimmt). Wenn also ihr Gesandter kommt, so wird zwischen ihnen in Gerechtigkeit entschieden, und kein Unrecht widerfährt ihnen. (Yunus | 10:47)
Daher besteht keinerlei Zweifel daran, dass die Moral und die Scharia im Laufe der Geschichte Zwillinge waren und gleichermaßen beschützt wurden.
Die Verbindung der Moral und der Scharia
Einige zeitgenössische Denker behaupten, dass die Scharia zur Entstehung unmoralischer Werte wie beispielsweise Kriegen, Streitigkeiten und Gewalt beiträgt.[5] Kann eine solche Aussage der Wahrheit entsprechen? Kann denn die göttliche Scharia in ihrem Wesen für Streitigkeiten sorgen? Oder sollte man umgekehrt die Scharia als Faktor zur Stärkung der Moral sehen, da sie die einzige Quelle der der Menschheit gebührenden Moral darstellt?
Die Untersuchung dieses Aspekts bildet die Grundlage unserer Diskussion. Zum Thema der „Moral“ und der „Religion mit ihrer Orientierung an der Scharia als Besonderheit“ gibt es einige Meinungen. Außerdem existieren zur „Möglichkeit der Moralumsetzung ohne die Religion“ Differenzen unter den Denkern.
Einige sind der Auffassung, dass die „Moral allein im Rahmen der Gottesverehrung gerechtfertigt werden kann“[6]. Dem gegenüber existieren auch andere Ansichten, von denen fünf im Folgenden aufgeführt werden[7]:
- Kontrast zwischen der Religion und der Moral: Religion und Moral sind keinesfalls miteinander vereinbar und man kann sich zwischen diesen beiden für eine Partei entscheiden. Eine Person, die sich für religiös hält, kann nicht moralisch sein und eine moralische Person kann sich nicht an die Religion und Scharia binden.
- Divergenz und Trennung der Religion und der Moral: Religion und Moral widmen sich jeweils einer voneinander unabhängigen Thematik und besitzen keinerlei Verbindung miteinander. Nach dieser Annahme ist die Religion ohne Moral möglich und umsetzbar, ebenso wie die Moral ohne die Religion existent und möglich ist.
Die Möglichkeit besteht jedoch, dass die Religion und Moral nebeneinander existieren. Die erste Ansicht entstand durch Religionsgegner, die zweite Ansicht ist jedoch eine säkulare Ansicht mit der Annahme, dass keine logische Verbindung zwischen den beiden existiert.
- Interaktion zwischen Religion und Moral: Die Moral und die Religion besitzen jeweils voneinander unabhängige und unterschiedliche Identitäten und Bedeutungen, zwischen den beiden besteht aber eine Verbindung, sodass die Moral die Religion beeinflusst und umgekehrt.
Aufgrund dieses Ansatzes erfüllen Religion und Moral jeweils unterschiedliche Bedürfnisse des Menschen, wobei die Pflicht der Religion darin liegt, die Verbindung des Menschen zu Gott aufzubauen und dessen spirituelle Bedürfnisse zu stillen, und die der Moral in der Einstellung gesellschaftlicher Beziehungen des Individuums zu den Mitmenschen liegt. Daher ist die Beziehung zwischen Religion und Moral nicht organischer Natur, sie sind auch keine Komponenten einer Einheit, sondern interagieren miteinander.
- Allianz der Religion und der Moral, jedoch eine partielle und eine gesamte Allianz: Diese Betrachtungsweise sieht Religion und Moral als eine organische Einheit an und behauptet, dass die Moral nichts anderes als die Religion ist und die Religion mit der Moral gleichzustellen ist. Dagegen spricht, dass die Moral allgemein ist, die Religion jedoch spezifisch.
- Partielle und gesamte Allianz seitens der Moral: Im Gegensatz zur vorigen Ansicht einer Verbindung von Religion und Moral besitzt die Religion eine umfassende und vollkommene Bedeutung und die Moral stellt als ein Teilder Religion die Äußerung eines der Bereiche der Religiosität dar. Nach dieser Auffassung trennen sind die Bereiche der Religion und der Moral nicht getrennt, sondern die Moral zählt zu einem Teil der Religion als Ganzes.
Bildlich betrachtet könnte man die Religion als einen Baum sehen, der einen Stamm, Wurzel und Äste besitzt. In diesem Fall ist die Moral der Stamm des Baumes und der Stamm ist der bedeutendste Teil des Baumes, indem ohne ihn weder Wurzeln eine Bedeutung haben und auch keine Früchte entstehen können. Die Beziehung zwischen dem Baum und seinem Stamm gleicht keiner Beziehung zweier unterschiedlicher Gegenstände, sondern zwischen den beiden besteht eine organische Gleichheit und Einheit.
Annahmen und Beweise zur Belegung der Theorie
Unsere Annahme besteht darin, dass die Scharia eine stärkende Rolle in Bezug auf die Moral besitzt und zur Belegung dieser Theorie existieren viele Beweise und Belege; einige dieser Beweise werden im Folgenden kurz angesprochen:
- Die moralische Mission des Gesandten Gottes (s.)
Der Gesandte Gottes wurde mit dem Namen „Mohammad“ und „Ahmad“ ( „erwünscht und gebührend“) und mit dem Titel „Habibollah“ („Liebling Gottes“) gesandt. Er selbst stellte seine göttliche Mission mittels seiner exzellenten Reden folgendermaßen vor:
- عَلیکُم بِمَکارِمِ الاَخلاق فَاِنَّ رَبّی بَعَثَنی بِها
Die edlen Charakterzüge gehören zu euch, in der Tat hat mich der Schöpfer dafür gesandt.[8]
- إنّما بُعِثتُ لاُتَمِّمَ مَکارِمُ الاخلاق
Ich bin gekommen, um die moralischen Tugenden zu den höchsten Rängen zu führen.[9]
- إنّما بُعِثتُ مُعَلِّما
Dies bedeutet: Ich bin als Lehrer und Mentor (der Wahrheit und Wahrhaftigkeit) von Gott gesandt worden.
Auch der heilige Koran hebt als Beweis des Islam den Propheten (S.) mit moralischen Eigenschaften hervor und stellt ihn als barmherzigen Menschen als Vorbild des Islam vor:
- فَبِما رَحْمَةٍ مِنَ الله لِنْتَ لَهُمْ وَلَوْ كُنْتَ فَظّاً غَلِيظَ الْقَلْبِ لاَنْفَضُّوا مِنْ حَوْلِكَ فَاعْفُ عَنْهُمْ وَ اسْتَغْفِرْ لَهُمْ وَ شاوِرْهُمْ فِى الأَمْرِ فَإِذا عَزَمْتَ فَتَوَكَّلْ عَلَى الله إِنَّ الله يُحِبُّ الْمُتَوَكِّلِينَ
Und in Anbetracht der Barmherzigkeit Allahs warst du mild zu ihnen; wärst du aber roh und harten Herzens gewesen, so wären sie dir davongelaufen. Darum vergib ihnen und bitte für sie um Vergebung und ziehe sie in der Sache zu Rate; und wenn du entschlossen bist, dann vertrau auf Allah; denn wahrlich, Allah liebt diejenigen, die auf Ihn vertrauen. (al-i-Imran | 3:159)
لَقَدْ جاءَکُمْ رَسُولٌ مِنْ أَنْفُسِکُمْ عَزِیزٌ عَلَیْهِ ما عَنِتُّمْ حَرِیصٌ عَلَیْکُمْ بِالْمُؤْمِنِینَ رَؤُفٌ رَحِیمٌ
Wahrlich, ein Gesandter ist aus eurer Mitte zu euch gekommen; es schmerzt ihn sehr, wenn ihr unter etwas leidet; er setzt sich eifrig für euer Wohl ein; gegen die Gläubigen ist er mitleidig und barmherzig. (at-Tauba | 9:128)
- Historische Beweise
Eine Betrachtung der Epoche des Propheten (S.) und seiner Reinen Nachkommenschaft (a.) zeugt von der Wahrheit, dass sie nicht nur in ihrem täglichen Leben, sondern auch während der Kriege, welche ihnen von den Quraisch und anderen aufgezwungen wurden, ihren Feinden gegenüber niemals moralische Prinzipien verletzt haben. Historischen Berichten zufolge hat der Prophet (S.) an dem Tag, an dem er nach jahrelanger Entbehrung und jahrelangem Exil die Gegner mit einer großen Armee besiegen und an seinen Geburtsort Mekka zurückkehren konnte, allen Gegnern vergeben und sich an niemanden gerächt.
Es wird überliefert, dass an dem Tag einer der Offiziere der islamischen Armee aufschrie: „ الیوم یوم المَلحَمة“ (Heute ist der Tag der Rache). Der Prophet des Islam (S.) nahm ihm die Fahne weg und gab sie seinem Sohn und befahl ihm auszurufen: „ الیوم یوم المَرحَمة “ (Heute ist der Tag der Großmut und Freundlichkeit und Vergebung).[10]
- Gleicher Anteil der Moral und der Scharia
Bei der Betrachtung des Islam scheint es, dass der gesamte Islam in die vier Bereiche „Glaube, Moral, Scharia und Erziehung“ unterteilt werden kann. Bei dieser Unterteilung zählen Mentalitäten und innere Glaubensansichten zum Bereich „Glaube“, wesensbezogene Tugenden und Makel und verhaltensbezogene Pflichten und Verbote zum Bereich „Moral“, religiöse Rituale, Zeremonien und Pflichten zum Bereich „Scharia“ und schließlich die Art und Weise der Entwicklung des Menschen (Der Mensch, der auf den Glauben, die Moral und der Scharia bezogen vollkommen ist) zum Bereich „Erziehung“.
Mit dieser Betrachtungsweise eignen sich die Moral und die Scharia mit einer gleichen Stellung und einem gleich großen Anteil, jeweils ein Viertel des gesamten Aufbaus der Religion an, wobei die „Moral“ und die „Scharia“ zum offensichtlichen Aspekt zweier weiterer Bereiche und auch der universellen Facette der Religion von beiden Seiten zählen. In Wirklichkeit kann man sich die Religion ohne die Moral ebenso wenig vorstellen wie die Religion ohne die Scharia.
- Verflechtung der Beweise
Die Verflechtung der Beweise moralischer Werte und Fälle islamrechtlicher Vorgaben im heiligen Koran ist ein weiterer Beleg für unsere These. Diese Fälle sind im Koran so nahe beieinander aufgeführt, dass jegliche Trennung zwischen ihnen und jegliche Spaltung der islamischen Moral von der islamischen Scharia den Abbau des darin enthaltenen einheitlichen Systems und schließlich die Entstehung einer neuen Religion – allerdings eine unausgewogene und unvereinbare Religion – erfordert;
Im Folgenden werden einige Fälle als Beispiel aufgeführt:[11] Verstandesorientierung, Ergebenheit Gott gegenüber (Al-i-Imran | 3:83), Glaube (al-Hudschurat | 49:14), Gewissheit (al-A`raf | 7:203), Aufrichtigkeit (az-Zuma | 39:2), Anbetung und Verehrung (Bani Isra`il | 17:23), Reue (an-Nahl | 16:119), Reflexion (Al-i-Imran | 3:191), Verrichtung des Gebetes, Rezitation des Koran, Durchführung der Haj-Pilgerreise, Fasten im Monat Ramadan (al-Baqara | 2:185), Vertrauen (At-Talaq | 65:3), Widerstand gegen tierische Begierden (asch-Schams | 91:9), Einhaltung von Gelübden (al-Insan | 76:7), Einhaltung von Bündnissen und Eiden (Al-i-Imran | 3:76), großmütiges Verhalten (al-Furqan | 25:72), Dankbarkeit (Luqman | 31:12), Geduld (Al-i-Imran | 3:185), Vorliebe für Wissen- und Weisheitsaneignung (at-Tauba | 9:122), Frieden (an-Nisa | 4:126), Friedfertigkeit (Saba | 8:61), Achtung der Meinungsfreiheit (asch-Schura | 42:38), Befolgung der besten Rede (az-Zumar | 39:18), Vergebung (Al-i-Imran | 3:159), Keuschheit und Bedeckung (al-Ahzab | 33:59), Vertrauenswürdigkeit (an-Nisa | 4:58), Verheiratung der Ledigen (an-Nur | 24: 32), Streben nach guten Taten (Al-i-Imran | 3:114), Grüßen beim Eintreten (an-Nur | 24:61), finanzielle Unterstützung und Almosen (at-Tauba | 9:103), Ehrlichkeit (Al-i-Imran | 3:17), Besuch der Verwandten (Ar-Ra`d | 13:21), Hingabe (al-Baqara | 2:207), Respekt vor Gott (al-Hidschr | 15:49), gut mit anderen Menschen sprechen (al-Isra`Bani Isra`il | 17:28), Beseitigung des Schlechten durch Gutes (Ar-Ra`d | 13:22), ohne Arroganz etwas bewegen (Al-Furqan | 25:63), Bemühung um akkurate Taten (an-Nazeah | 79:35), Selbstlosigkeit und Verzicht (al-Haschr | 59:9), Meiden von Entzweiung (al-Anfal | 8:46), Verbesserung der Menschen (al-Baqara | 2:224), Erblühen der Moscheen (an-Nadschm | 53:29), das Rechte gebieten und das Verwerfliche verbieten (Al-i-Imran | 3:110), Respekt den Eltern gegenüber (al-Isra` Bani Isra`il | 17:24), Höflichkeit und gutes Verhalten (al-Furqan | 25:63), ruhige Sprache (Luqman | 31:19) usw. …
- Moralische Scharia
Nach den Lehen des heiligen Koran und der Reinen Nachkommenschaft (S.) besitzt die Scharia den Klang und die Farbe der Moral; man sagt sogar, dass jede einzelne islamrechtliche Lehre, abgesehen von dem islamrechtlichen Urteil, zwei weitere Facetten besitzt: zum einen den Aspekt einer mystischen Erzählung, die ein Geheimnis, ein Rätsel und ein Phänomen in sich birgt, und zum anderen den moralischen Aspekt, der ein Geschenk für das moralische und tägliche Leben des Menschen darstellt. Die Moral der Scharia kann einige Bedeutungen besitzen:
- Der moralische Wert des Pflichtwesens und der Erteilung islamrechtlicher Vorgaben und die Beachtung praktischer Gebote seitens des erhabenen Gottes zum Menschen; (diese Diskussion bezieht sich eher auf die Philosophie und Grundlagen der Moral und entzieht sich der aktuellen Diskussion)
- Der moralische Wert der Zuordnung einer bestimmten Zeit für das Gebet und im Allgemeinen für Angelegenheiten in Bezug auf die Durchführung islamrechtlich vorgeschriebener Dinge. (diese Diskussion bezieht sich auf die Erziehung und entzieht sich der aktuellen Diskussion)
- Der moralische Wert der Bestandteile islamrechtlicher Vorgaben, wie beispielsweise der moralische Wert des Gebets, des Fastens, der Haj-Pilgerreise, der Almosenabgabe usw. … (in der Bedeutung, dass die islamische Scharia zur Moral nicht inkonsistent ist, sogar moralische Ziele verfolgt).
- Gemeinsames Ziel der Scharia und der Moral
Das gemeinsame Ziel und der gemeinsame Zweck der Moral und der Scharia sind weitere beachtenswerte Pole unserer Diskussion. Gibt es denn etwas aus der Scharia, das zu den Zielen der Moral im Widerspruch steht? In den meisten Denkschulen wird die „Glückseligkeit“ als Ziel der Moral vorgestellt[12] und moralische Bücher islamischer Wissenschaftler, wie beispielsweise Akhlaghe Naseri[13], Jameol Sa’aadat[14] usw. …sind auch auf derselben Grundlage aufgebaut.
Unter den nichtmuslimischen Denkern existiert ebenfalls eine große Zahl, die die „Glückseligkeit“ als Basis der Moral vorstellt[15]. Bei den Belegen der Glückseligkeit kann es durchaus Unterschiede geben, man kann aber viele Fälle der Moral nennen, welche alle bei der Erlangung der Glückseligkeit eine Rolle spielen. Jetzt muss man hinterfragen, welche Ziele die Scharia verfolgt? Dafür könnte man die Scharia in einige Hauptbestandteile wie Verehrung, Parolen und Rituale, Handel, Rechte und Strafrecht einteilen und sich zu jedem Bereich einzeln äußern:
1) Verehrung
Stimmen die Verehrungsvorgaben des Islam wie beispielsweise Beten, Fasten, Haj-Pilgerreise, Zakkat usw. … mit den Zielen der Moral überein? Auch mit einem nicht so umfangreichen Wissen gibt man eine positive Antwort auf diese Frage. Dies ist ein Aspekt, welcher im heiligen Koran selbst und den Überlieferungen hervorgehoben wird. Zum Beispiel offenbart der heilige Koran folgendes:
يا أَيُّهَا الَّذِينَ آمَنُوا كُتِبَ عَلَيْكُمُ الصِّيامُ كَما كُتِبَ عَلَى الَّذِينَ مِنْ قَبْلِكُمْ لَعَلَّكُمْ تَتَّقُونَ (al-Baqara | 2:183)
شَهْرُ رَمَضانَ الَّذِي أُنْزِلَ فِيهِ الْقُرْآنُ هُدىً لِلنَّاسِ وَ بَيِّناتٍ مِنَ الْهُدى وَ الْفُرْقانِ فَمَنْ شَهِدَ مِنْكُمُ الشَّهْرَ فَلْيَصُمْهُ وَ مَنْ كانَ مَرِيضاً أَوْ عَلى سَفَرٍ فَعِدَّةٌ مِنْ أَيَّامٍ أُخَرَ يُرِيدُ اللَّهُ بِكُمُ الْيُسْرَ وَ لا يُرِيدُ بِكُمُ الْعُسْرَ وَ لِتُكْمِلُوا الْعِدَّةَ وَ لِتُكَبِّرُوا اللَّهَ عَلى ما هَداكُمْ وَ لَعَلَّكُمْ تَشْكُرُونَ (al-Baqara | 2:185)
Nach diesen Versen liegt der Grund der Verpflichtung des Fastens in der Stärkung der Selbstbeherrschung (als einem Grundpfeiler der Moral) und der Dankbarkeit (als ein in allen Denkschulen wünschenswertes und vorbildliches moralisches Gebot).
In einer wunderschönen Überlieferung über die Tochter des Propheten, ihrer Exzellenz Fatima (a.), wird beschrieben, dass sie folgendes gesagt habe:
جَعَلَ اللّهُ الاْیمانَ تَطْهیراً لَکُمْ مِنَ الشّرْکِ، وَ الصَّلاةَ تَنْزیهاً لَکُمْ مِنَ الْکِبْرِ، وَ الزَّکاةَ تَزْکِیَةً لِلنَّفْسِ، وَ نِماءً فِی الرِّزقِ، وَ الصِّیامَ تَثْبیتاً لِلاْخْلاصِ، وَ الْحَّجَ تَشْییداً لِلدّینِ
Der glorreiche Gott hat den Glauben und die Überzeugung von der Reinigung von Polytheismus und zur Erlösung von Fehlleitungen und Gräueltaten erschaffen.
Und das Gebet hat er für Demut und Selbstlosigkeit und Enthaltung von jeglicher Art von Arroganz vorgeschrieben. Und den Zakkat (und den Khoms) hat er zur Reinigung und Erweiterung des täglichen Brotes bestimmt. -Er betrachtete das Fasten zur Beständigkeit und Aufrichtigkeit im Willen als unerlässlich. Und er hat die Haj-Pilgerreise zur Stärkung des Prinzips der Scharia und der Grundpfeiler der islamischen Religion für verpflichtend erklärt.[16]
Der achte Imam der Schiiten, seine Exzellenz Imam Reza (a.), äußerte folgendes: Der erhabene und segenreiche Gott hat weder eeine Speise noch ein Getränk für islamisch erlaubt (halal) erklärt, wenn darin kein Vorteil und keine Zweckmäßigkeit enthalten ist und er hat weder eine Speise noch ein Getränk für islamisch verboten (haram) erklärt, wenn darin kein Nachteil und keine Verderbtheit enthalten ist; also ist alles, was vorteilhaft ist und dem Körper Energie gewährt und somit zur Stärkung des Körpers beiträgt, halal, und alles, was dem Körper Schaden zufügt, haram.[17]
2) Parolen und Rituale
„Parolen“ habenedie Bedeutung von „Zeichen“ und „Fahne“ und deren Zweck liegt in allen Dingen, die zur Parole und Symbolik der Religion gehören und auf irgendeine Weise Heiligkeit erhalten. Religiöse Verordnungen und Rituale beziehen sich auf bestimmte und spezifische Dinge und deren Durchführung wird im Rahmen der Religion vollständig bestimmt und kann weder verringert noch erweitert werden; die religiösen „Parolen“ sind aber zahlreich und jede Angelegenheit, welche von Religiosität zeugt, wird dazu gezählt.
Die Parolen umfassen auf eine gewisse Art auch Rituale. Unser Augenmerk bei der Verrichtung von Parolen umfasst die Huldigung religiöser Tage und Anlässe und Feiertage und Trauertage und Tage, die den Weg und die Erinnerung an Gott aufrecht erhalten und an denen man sich versammelt wie beispielsweise Freitage und das Komayl Gebet, die Trauerzeit der Moharram und Safar, Monate des arabischen Kalenders, der Ramadan, die Erhaltung der Nächte der Bestimmungen usw. …
Der heilige Koran sieht den Respekt und die Huldigung von Parolen als Symbol für die Enthaltsamkeit an. (al-Haddsch | 22:32) Die religiösen „Rituale“ und Konventionen bilden auch einen Teil praktischer Gebote, welche normalerweise auf gemeinsame Art durchgeführt werden. Sie besitzen eine festgelegte, spezifische Abfolge und Brauch und benötigen ein koordinierendes und veranstaltendes Element. Die Verrichtung des Gebets als Gemeinschaftsgebet, der I’tikaf, die Feiertagsgebete, die Haj-Pilgerreise, die Bittgebete am Tag der Arafa sind Beispiele für diese Rituale.
3) Handel
Die Scharia des Islam besitzt in Bezug auf den Handel keine Meinung, welche von der innerhalb der Gesellschaft existierenden Meinung abweicht. In Wirklichkeit gleicht die Methode des Islam beim Handel gegen Unterschrift der logischen Handelsmethode, wie beispielsweise Einkauf- und Verkaufshandel oder Miethandel usw. … vorausgesetzt die konstanten Prinzipien werden nicht verletzt, beispielsweise: dass es nicht zu viel verlangt oder übertrieben ist, dass es kein Glücksspiel ist, dass es keine Erpressung ist, dass der Handel nicht ungültig oder sinnlos ist, dass Geld im Gegenzug für eine wertvolle Dienstleistung oder einen wertvollen Gegenstand übergeben wird, dass der Handel auf Wissen und Bewusstsein aufbaut, usw. … Daher wird deutlich ersichtlich, dass die Scharia in diesem Bereich nicht im Widerspruch zur Moral steht, sondern sie bestätigt und an ihr festhält.
4) Rechte
Die Scharia hat dem Menschen in fünf Bereichen Rechte zugesprochen: Das Recht Gottes; Das Recht des Vertreters Gottes (islamischer Herrscher); Das Recht der Mitmenschen; Das Recht der Schöpfung; Das persönliche Recht. Die theologische Dissertation des vierten Imams, Imam Zeynolabedin Sajad (a.), in der 54 Rechte angesprochen werden, ist ein gutes Beispiel für die progressiven Ansichten des Islam zum Recht.
Bei einer kurzen Betrachtung dieser theologischen Dissertation wird deutlich, in welchem Ausmaß eine Koordination zwischen den Rechten und der Moral besteht. Sogar die Verteidigungsmethoden gegen Gegner, die angreifen, sind im Islam so gütig, dass man weltweit kein ähnliches Beispiel finden kann.
5) Strafrecht
Die Strafgesetze des Islam bilden einen weiteren Teil der Scharia. Abgesehen von fünf Fällen, welche als Grenze gesehen werden und nicht veränderbar sind, wird sie in anderen Fällen als Strafe gesehen und kann je nach Ort und Zeit und Bedingung mit der herrschenden Rationalität des Islam bestimmt werden. Die fünf Fälle, welche nach der Ansicht von berühmten Theologen bestraft werden müssen, sind unmoralische Taten, die vom Islam stark bekämpft werden: Ehebruch und dazu gehörige Sachverhalte, der Genuss von Alkohol, Diebstahl und Raubüberfälle.[18]
Fazit
Aus historischer Sicht und aus der Sicht verschiedener Denkweisen existieren keinerlei Konflikte und Widersprüche zwischen den unterschiedlichen Bereichen der Scharia und den Beweisen oder Zielen oder Grundlagen der islamischen Moral. Die Moral ist sogar ein Grundpfeiler der islamischen Beschreibung und die Scharia ist ein Faktor zur Stärkung der Moral. Der Islam gleicht einem Baum, dessen Wurzel die Überzeugungen, dessen Stamm die Scharia und dessen süße Frucht und Erzeugnis die Moral bilden.
[1]Im Sinne der positiven Eigenschaften, die konstant im Inneren des Menschen existieren und in das innere Wesen eines Menschen eindringen.
[2]Mohammad Ibn Hassan Toosi, Akhlaghe Naseri, S. 48.
[3]Gex, Philosophie der Moral, S. 9.
[4]Sadrol Moteallehin, Al- Asfarol Al- Arba’e, Band 4, S. 116; Mohammad Mahdi Naraghi, Jameossa’aadat, Band 1, S. 34-35.
[5]Wie beispielsweise Hans Küng in seinem Buch Weltethos.
[6]Morteza Motahari, Philosophie der Moral, S. 113; und auch Ayatollah Abbas Mahfoozi, Islamische Moral, S. 85.
[7]Ayatollah Abbas Mahfoozi, Islamische Moral, S. 91.
[8]Safinatol Behar, Bd. 1, S. 411.
[9]Safinatol Behar, Bd. 1, S. 411 ; Mohajjatol Bayza, Band 4, S. 121 ; Elmol Yagheen, S. 439.
[10]Ketabol Maghazi, Bd. 2, S. 822; Abolfaraj Halabi Shafe’ei, Ali ibn Ibrahim, Al-Sieratol Halabieyah, Bd. 3, S 118.
[11]Abootaleb Tajlil Tabrizi, Werte und Gegenwerte im Koran, S. 21, S. 25.
[12] Mohammadreza Modaresi, Philosophie der Moral, S. 105.
[13] Mohammad ibn Hassan Toosi, Akhlaghe Naseri, S. 40.
[14] Mohammad Mahdi Naraghi, Jameol Sa’aadat, Band 1, S. 48.
[15] Mohammadreza Modaresi, Philosophie der Moral, S. 106.
[16] Riahin Al- Shariat, Bd. 1, S. 312.
[17] Mostadrak Al-Vasael, Bd. 16, S. 333, Hadith 2.
[18] Mohaghegh Helli, Sharaye’ol Islam.zitiert: Javaherol Kalam, Band 41, S.255