F. Attarbashi
Alle monotheistischen Religionen – alle ihre Propheten haben ausnahmslos den Glaubensinhalt der Auferstehung als einen sehr wichtigen herausgestellt. Im Qur’an gibt es Hunderte von Versen, die die Welt nach dem Tod, die Auferstehung von den Toten, das Jüngste Gericht, die Aufzeichnung unserer Taten, die Ewigkeit und den Jüngsten Tag behandeln. In zwölf Versen wird der Glaube an den Jüngsten Tag neben dem Glauben an den einen und einzigen Gott erwähnt. Der Qur’an hat verschiedene Begriffe für den Tag der Auferstehung und jeder davon ist ein Tor zur Weisheit. Mit dem Begriff al-yaum al-ahir – der letzte Tag – erinnert uns der Qur’an an zweierlei: Nicht nur das Leben des Menschen, sondern auch das Leben der Welt teilt sich in zwei Zeitabschnitte, von welchen jeder als ein Tag bezeichnet wird: Der erste Tag, bezogen auf die diesseitige Welt, ist zeitlich begrenzt, der letzte Tag, der sich auf das jenseitige Leben bezieht, ist unbegrenzt.
Unser Glück im Diesseits und im Jenseits hängt vom Glauben an diesen letzten Tag ab. Das heißt, der Glaube an die Auferstehung wird als wesentliche Voraussetzung für das Glück des Menschen angesehen. Damit wir nun die Existenz dieses Prinzips der Auferstehung akzeptieren, müssen wir Gott erkennen und ebenso die Tatsache, dass Gott Propheten entsandt hat. Konkret bedeutet dies zu verinnerlichen, der Qur’an die Offenbarung Gottes ist. Nun gibt es auch andere Wege, Zeichen und Hinweise für den Glauben an die Auferstehung zu suchen. Es sind Resultate der geistigen, logischen und wissenschaftlichen Anstrengungen des Menschen.
Es gibt eine kleine Parabel, die uns vielleicht hilft, zu verstehen, wie wir uns vielleicht doch nicht so sicher sein können, das Jenseits als etwas Unvorstellbares abzutun. Machiel Nouwen, ein niederländischer Priester, Psychologe und geistlicher Schriftsteller (1932-1996), verfasste zu diesem Thema folgende Parabel.
Gespräch von Zwillingen im Mutterleib: Gibt es ein Leben nach der Geburt?
Im Bauch einer schwangeren Frau waren einmal Zwillinge: ein Glaubender und ein Zweifler. Eines Tages ergab sich folgendes Gespräch: Zweifler: Glaubst du wirklich an ein Leben nach der Geburt? Glaubender: Ja, natürlich glaube ich an ein Leben nach der Geburt! Unser Leben ist hier doch nur eine Vorbereitung auf das Leben nach der Geburt. Zweifler: Blödsinn, so etwas gibt es nicht! Wie soll das denn aussehen, ein Leben nach der Geburt? Glaubender: Das weiß ich auch nicht genau, aber es wird sicher viel heller sein als hier, und wir werden herumlaufen und mit dem Mund essen. Zweifler: So ein Quatsch! Bist du jemals herumgelaufen? Und mit dem Mund essen, wer hat so etwas schon mal gesehen? Überlege doch mal, wozu du die Nabelschnur hast! Glaubender: Ich bin davon überzeugt, dass das alles irgendwie gehen wird. Es wird eben alles anders sein als hier, aber wir werden es trotzdem erleben. Zweifler: Jetzt hör‘ mal her. Es ist noch nie jemand von „nach der Geburt“ zurückgekehrt. Somit ist es erwiesen, dass das Leben nach der Geburt zu Ende ist. Das Leben ist hier eine einzige Quälerei, auf engem Raum und dunkel. Der Sinn des Lebens ist, an der Nabelschnur dran zu bleiben, das siehst du doch. Glaubender: Nein, ich bin überzeugt, dass wir nach der Geburt unsere Mutter wirklich sehen werden, das scheint mir viel sinnvoller zu sein. Zweifler: Mutter? Du glaubst an eine Mutter? Wo soll die denn bitte sein? Glaubender: Na überall, um dich herum. Wir sind in ihr und leben in ihr und durch sie. Ohne sie könnten wir gar nicht sein. Zweifler: Ach hör doch auf! Mutter, ich will nichts mehr davon hören. Glaubender: Aber hör doch. Psst! Sei mal ganz ruhig! Manchmal, wenn wir ganz ruhig sind, dann kannst du sie singen hören oder spüren, wenn sie unsere kleine Welt streichelt. Ich glaube wirklich, dass unser eigentliches Leben erst dann beginnt.
Wir haben unser Wissen über das Leben im Jetzt und das danach – d.h. nach dem Tod – aus dem Qur’an: „Oh ihr Menschen, wenn ihr im Zweifel über die Auferstehung seid, so (denkt daran), dass Wir euch aus Erde erschaffen haben, dann aus einem Samentropfen, dann aus einem Blutklumpen, dann aus einem Klumpen Fleisch, und schufen das Fleisch zu Gebein und bekleideten das Gebein mit Fleisch, auf dass Wir es euch deutlich machen. Und was Wir wollen, lassen Wir bis zu einem festgesetzten Zeitpunkt in den Mutterschößen ruhen, dann bringen Wir euch als Kinder hervor; dann (lassen Wir euch heranwachsen,) auf dass ihr eure volle Kraft erreicht. Und manchen von euch lassen Wir sterben, und mancher von euch wird bis ins gebrechliche Greisenalter gebracht, so dass er nichts mehr von dem weiß, was er einst wusste. Und du siehst die Erde leblos, doch wenn Wir Wasser auf sie herabsenden, dann regt sie sich und schwillt und lässt alles in wunderbaren Paaren hervorsprießen.“ (al-Hadsch | 22:5)
Dabei werden wir auf die Entstehung des Menschen verwiesen und erfahren etwas über die Stadien der menschlichen Embryonalentwicklung: “Und wahrlich, Wir erschufen den Menschen aus einer Substanz aus Lehm. Alsdann setzten Wir ihn als Samentropfen an eine sichere Ruhestätte. Dann bildeten Wir den Tropfen zu einem Blutklumpen (‘alaqah); dann bildeten Wir den Blutklumpen zu einem Fleischklumpen (mudhrah)…“ (al-Mu’minun | 23:12-14)
Was sagen uns wissenschaftliche Erkenntnisse über die ersten Phasen eines Embryos?
Das arabische Wort ‘alaqah hat drei Bedeutungen: (1) Blutegel, (2) hängendes Ding und (3) Blutklumpen. Wenn wir einen Blutegel mit einem Embryo im ‘alaqah – Stadium vergleichen, finden wir zwischen den beiden Ähnlichkeiten, wie man in Abbildung 1 sehen kann. Auch der Embryo erhält in diesem Stadium Nahrung aus dem Blut der Mutter, ähnlich wie der Blutegel, der das Blut anderer braucht.
Abbildung 1: Zeichnungen, die die äußere Ähnlichkeit zwischen einem Blutegel und dem menschlichen Embryo im alaqah-Stadium darstellen[1]. |
Die zweite Bedeutung von ‘alaqah ist „hängendes Ding”. Dies können wir auf Abbildung 2 sehen.
Abbildung 2: Auf diesem Diagramm sehen wir die Aufhängung des Embryos im alaqah- Stadium in der Gebärmutter (Uterus) der Mutter. Die tatsächliche Größe beträgt ungefähr 0,6mm.
Die dritte Bedeutung des Wortes ‘alaqah ist „Blutklumpen”. Die äußere Erscheinung des Embryos und seiner Hülle in der ‘alaqah-Phase ähneln aufgrund relativ großer Blutmengen einem Blutklumpen, zirkuliert doch das Blut bis zum Ende der dritten Woche noch nicht[2].
Hamm und Leeuwenhoek waren die ersten Wissenschaftler, die 1677 menschliche Spermazellen (Spermatozyten) betrachteten, indem sie ein verbessertes Mikroskop benutzten (über 1000 Jahre nach Muhammad (s.). Professor Emeritus Keith L. Moore, einer der bekanntesten Wissenschaftler der Welt auf dem Gebiet der Anatomie und Embryologie, Verfasser des Buches The Developing Human (Der sich entwickelnde Mensch), bis 1993 Professor der Anatomie und Zellbiologie an der Universität von Toronto, beschäftigte sich drei Jahre lang mit den Aussagen des Qur’an über die Entstehung des Menschen und resümierte: „Mir ist klar geworden, dass Muhammad dieses Wissen von Gott erhalten haben muss, denn das meiste von diesem Wissen wurde erst Jahrhunderte später entdeckt…. Die Beschreibungen des menschlichen Embryos im Qur’an im siebten Jahrhundert können nicht auf wissenschaftlichem Wissen basieren. Die einzige vernünftige Schlussfolgerung ist, diese Beschreibungen wurden dem Propheten Muhammad von Gott offenbart. Er konnte derartige Details nicht wissen, auch war er Analphabet ohne jegliche wissenschaftliche Ausbildung…”
Aussagen von Naturwissenschaftlern zur Existenz von Ewigkeit
Prof. Dr.-Ing. Franz Moser, von 1966 bis 1996 Professor und Vorstand des Instituts für Grundlagen der Verfahrenstechnik an der Technischen Universität Graz, behauptet, dass Ergebnisse naturwissenschaftlicher Beweise die Existenz eines Jenseits belegen, eines Lebens in neuen Dimensionen. Als handfeste Beweise legt er dafür die Ergebnisse neuester physikalischer Experimente vor: „Versuche mit Elektronen ergaben, dass es eine Ewigkeit gibt – und zwar keineswegs eine gedachte, sondern eine naturwissenschaftlich erklärbare.“
So weiß man beispielsweise, dass Elektronenpaare ein System bilden. Und zwar in der Form, dass ein Elektron eine physikalische Größe (zum Beispiel des Spin) von plus ½ und das andere Elektron eine von minus ½ aufweist. Ändert man die physikalische Größe, auf welche Weise auch immer, dann ändert sich automatisch, sofort die Größe des anderen, so dass der Gesamtwert immer wieder Null wird. Bisher glaubten die Physiker, dass dieses Phänomen nur in räumlicher Nähe auftritt. Die neuen Experimente haben jedoch eindeutig bewiesen, dass das System auch bei unvorstellbar großen Entfernungen intakt bleibt. Moser: „Auch wenn man beispielsweise das eine Elektron auf den Sirius schießen würde, der neun Lichtjahre von der Erde entfernt ist. Es zeigt sich bei den naturwissenschaftlichen Versuchen, dass sich die Elektronenpaare unabhängig vom Raum stets ergänzen.“ Die Wirklichkeit, so die Physiker, sei ein ganzheitliches Gebilde, in dem alles mit allem in Verbindung stehe.
„Wenn es also Phänomene gibt“, erklärt Moser, „die unabhängig vom Raum und damit auch unabhängig von der Zeit bestehen, dann muss es Dimensionen geben, die wir noch nicht erfasst haben. Es müssen Dimensionen sein, die über unsere Bekannten, nämlich Länge, Breite, Höhe und Zeit, hinausgehen. Also eine Dimension ohne Zeit und das ist die Ewigkeit, die jenseitige Welt, die Welt des Bewusstseins. Mit den neuen Erkenntnissen stehen wir am Ende eines materialistischen Zeitalters und am Beginn einer neuen metaphysischen – also die bisherigen Erfahrungen überschreitenden – Ära“, meint der Grazer Wissenschaftler: „Wir erleben nun die Endphase des einen Zeitalters und die Geburtswehen des anderen. In den vergangenen Jahrtausenden hat es viele metaphysische Weltbilder gegeben. Diesmal jedoch können wir das neue verstehen. Es geschieht zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit, dass dieses widersinnliche Weltbild experimentell von der Wissenschaft bewiesen wird.“ Die neuen Erkenntnisse bilden auch die Basis für ein neues Menschenbild des Individuums, bestehend aus dem Körper und dem Bewusstsein. Bis heute jedoch, stellt Moser fest, würden diese beiden Bereiche nicht voll berücksichtigt. Die meisten identifizierten sich total mit ihrem Körper.
„Wir sagen, ich werde alt, ich muss sterben. Tatsächlich bedeutet es, mein Körper wird alt, und der Körper muss sterben. Das Bewusstsein aber bleibt zeitlos. Und im Bewusstsein ist der Mensch eine zeitlose, ewige Existenz.“ Und weiter sagte Moser: „Wir leben immer gleichzeitig in zwei Welten: in der biologischen, körperlichen Wirklichkeit. Das ist das Diesseits. Und in einer Energie-Bewusstseins-Wirklichkeit. Und das ist das Jenseits.“ Auch neueste Ergebnisse aus der Quantenphysik lassen darauf schließen, dass es eine physikalisch beschreibbare Seele gibt, die im „Jenseits“ weiter existiert.
Das Fundament für die revolutionäre These liefert das quantenphysikalische Phänomen der Verschränkung. Bereits Albert Einstein ist auf diesen seltsamen Effekt gestoßen, hat ihn aber als „spukhafte Fernwirkung“ später zu den Akten gelegt. Erst vor kurzem hat der Wiener Quantenphysiker Professor Anton Zeilinger den experimentellen Nachweis dafür geliefert, dass dieser Effekt in der Realität tatsächlich existiert. Das Verschränkungsprinzip besagt Folgendes: Wenn zwei Quantensysteme miteinander in Wechselwirkung treten, müssen diese fortan als ein Gesamtsystem betrachtet werden. Diese Verschränkung bleibt auch dann erhalten, wenn der Zeitpunkt der Wechselwirkung weit in der Vergangenheit liegt und die zwei Teilsysteme inzwischen über große Distanzen getrennt sind. Die Folgen dieses Effekts erinnern bereits an übernatürliche Phänomene, wie ein Gedankenexperiment zeigt.
Bei diesem führt ein Experimentator an einem x-beliebigen Ort der Erde eine Messung an einem Teilchen A durch. Ist dieses Teilchen mit einem anderen Teilchen B verschränkt, so wird Letzteres durch diese Messung simultan beeinflusst. Dabei ist es völlig egal, ob die Entfernung zwischen Teilchen A und B beispielsweise 100 Meter, 1000 Kilometer oder gar Lichtjahre beträgt. Die Beeinflussung erfolgt gleichzeitig, nicht etwa mit Lichtgeschwindigkeit, sondern unendlich schnell! Einige Physiker schließen nunmehr daraus, dass zumindest Teile der belebten und unbelebten Welt miteinander verschränkt sind und auf subtile Weise miteinander kommunizieren. Als Auslöser für die Verschränkung wird der Urknall genannt.
Professor Dr. Hans-Peter Dürr, ehemaliger Leiter des Max-Planck-Instituts für Physik in München, vertritt heute die Auffassung, dass der Dualismus kleinster Teilchen nicht auf die subatomare Welt beschränkt, sondern vielmehr allgegenwärtig ist. Mit anderen Worten: Der Dualismus zwischen Körper und Seele ist für ihn ebenso real wie der „Welle-Korpuskel-Dualismus“ kleinster Teilchen. Seiner Auffassung nach existiert ein universeller Quantencode, in den die lebende und tote Materie eingebunden ist. Dieser Quantencode soll sich über den gesamten Kosmos erstrecken. Konsequenterweise glaubt Dürr aus rein physikalischen Erwägungen an eine Existenz nach dem Tode. In einem Interview erläuterte er dies wie folgt: „Was wir Diesseits nennen, ist im Grunde die Schlacke, die Materie, also das, was greifbar ist. Das Jenseits ist alles Übrige, die umfassende Wirklichkeit, das viel Größere. Das, worin das Diesseits eingebettet ist. Insofern ist auch unser gegenwärtiges Leben bereits vom Jenseits umfangen.“
In ein ähnliches Horn stößt der berühmte amerikanische Physiker und Nobelpreisträger John Archibald Wheeler: „Viele Physiker hofften, dass die Welt in gewissem Sinne doch klassisch sei – jedenfalls frei von Kuriositäten wie großen Objekten an zwei Orten zugleich. Doch solche Hoffnungen wurden durch eine Serie neuer Experimente zunichte gemacht.“[3]
Was ist das Wesen des Todes? Zerstörung, Vernichtung, Nichtsein oder Übergang?
Der Qur’an verwendet den Ausdruck tawaff für den Tod. Dieses Wort bedeutet etwas „in vollem Maße erhalten“. Dieser Ausdruck kommt in 14 Versen des Qur’an vor, d.h. der Tod ist etwas, was wir empfangen. Im Augenblick, wo der Mensch stirbt, wird er in seiner vollkommenen Wirklichkeit und Persönlichkeit in Empfang genommen. Tod bedeutet also nicht Vernichtung und Auslöschung. Er ist ein Übergang von einer Welt in eine andere, von einem Zustand in einen anderen, wo das Leben des Menschen in einer anderen Form fortgesetzt wird.
Was macht das Wesen des Menschen aus? Körper? Seele? Körper und Seele?
Was die wahre Persönlichkeit des Menschen ausmacht und als sein „Selbst“ angesehen wird, sind nicht sein Körper und seine Organe, denn die sind sterblich. Was unsere Persönlichkeit formt und als unser wahres Ich angesehen wird, wird im Qur’an als „Selbst“ oder als „Seele“ beschrieben. Die Seele oder das Selbst des Menschen ist die wahre Grundlage seiner Persönlichkeit – der Mensch ist unsterblich, weil seine Seele unsterblich ist. Mit dem Tod wird die Seele in einen anderen Zustand transformiert, der selbst eine Kategorie des Geistes ist. Die Seele nimmt, anders ausgedrückt, die jenseits der Physik liegende Wahrheit an. In Bezug auf Adam heißt es im Qur’an: „Und ich hauchte ihm von Meinem Geist ein.“ (al-Hidschr | 15:29)
Dass unser wahres Selbst (unsere Seele) nach dem Tod fortbesteht, auch wenn der Körper nicht fortexistiert, wird aus Folgendem Vers deutlich: „Gott nimmt die Seelen (der Menschen) zur Zeit ihres Sterbens (zu Sich) und (auch die Seelen) derer, die nicht gestorben sind, wenn sie schlafen. Dann hält er die zurück, über die er den Tod verhängt hat, und schickt die anderen (wieder) bis zu einer bestimmten Frist (ins Leben zurück). Hierin sind Zeichen für Leute, die nachdenken.“ (az-Zumar | 39:42)
Dieser Vers zeigt die Ähnlichkeit von Schlaf und Tod, Erwachen und Auferstehung. Der Schlaf ist ein kurzer Tod auf Zeit, und der Tod ist ein tiefer und fester Schlaf. In beiden Fällen geht unser Geist oder unsere Seele von einem in einen anderen Zustand über. Der Unterschied besteht darin, dass wir ohne Bewusstsein sind, solange wir schlafen, und wenn wir erwachen, nicht wissen, dass wir in Wirklichkeit von einer weiten Reise zurückkommen, beim Tod dagegen ist das alles klar.
Im Qur’an besagen Verse zum Thema Leben und Tod, dass alles paarweise geschaffen sei: „Du lässt die Nacht übergehen in den Tag und lässt den Tag übergehen in die Nacht. Du lässt das Lebendige hervorgehen aus dem Toten und lässt das Tote hervorgehen aus dem Lebendigen und Du gibst, wem du willst, ohne zu rechnen.“ (al-i-Imran | 3:28)
Ein Leben ohne Jenseits – wäre das ein Widerspruch zur Logik und Moral des Bewusstseins?
Wenn es tatsächlich kein Leben nach dem Tod gäbe, würde der alleinige Glaube an Gott bedeutungslos oder auch wenn man an Gott glaubte, wäre dieser ein ungerechter und gleichgültiger Gott. Er wäre ein Gott, der einst den Menschen erschuf, um ihn dann sich selbst zu überlassen. Wahrlich, Gott ist gerecht. Er wird die Tyrannen bestrafen, deren Verbrechen unzählbar sind: Sie töten Hunderte von unschuldigen Menschen, schaffen in der Gesellschaft Ausbeutung, Hunger und Leid, versklaven zahlreiche Menschen, die ihrem Willen nicht dienen, usw.
Der Mensch hat auf dieser Welt nur eine sehr begrenzte Lebenszeit, und diese physikalische Welt dauert auch nicht ewig, so dass eine Bestrafung und Belohnung den guten oder schlechten Taten einer Person entsprechend hier unmöglich ist. Der Qur’an stellt sehr nachdrücklich fest, dass der Tag des Jüngsten Gerichts mit absoluter Sicherheit kommen wird, Gott wird dann über das Schicksal von jeder einzelnen Seele gemäß dem Bericht über ihre Taten entscheiden. „Und wir haben den Himmel und die Erde und das, was zwischen beiden ist, nicht sinnlos erschaffen. Das ist die Ansicht derer, die ungläubig sind. Oder sollen wir diejenigen, die glauben und gute Werke tun, gleich denen behandeln, die Verderben auf Erden stiften?“ (Sad | 38:28)
Was bringt der Glaube an das Jenseits dem Menschen an Vorteilen?
Er befreit ihn von der Abhängigkeit seiner Leidenschaften: Der Glaube an das Leben nach dem Tod garantiert nicht nur den Erfolg im Jenseits, sondern erfüllt schon diese Welt mit Frieden und Glück. Dieses geschieht deswegen, weil die Menschen sich aufgrund ihrer Ehrfurcht Gott gegenüber für ihre Taten verantwortlich und pflichtbewusst anderen gegenüber fühlen.
Er verleiht seinem Leben einen Sinn: „(Nun) wenn ihr Gutes tut, so tut ihr Gutes für eure eigenen Seelen; und wenn ihr Böses tut, so ist es gegen sie.“ (al-Isra Bani Isra’il | 17:8) „Und bei der Seele und ihrer Vollendung – Er gewährte ihr den Sinn für das, was für sie unrecht und was für sie recht ist. Gewiss, der hat Erfolg, der sie reinigt……..“ (as-Schams | 91:8-11)
Das Jenseits verleiht dem Diesseits seine Bedeutung, denn Bewegung und Bemühen ohne Ziel wären bedeutungslos. Gäbe es keine ewig währende, unvergängliche Welt, so hätte diese Welt keine Endstation, die sie von einer bloßen Durchgangsstation, einer Haltestelle, unterscheiden würde. Das ganze Weltsystem wäre reine Wanderschaft, und wie der Qur’an sagt, die Schöpfung wäre nichtig und zwecklos. Die Propheten wurden entsandt, um uns zu dieser Einsicht ohne jegliche Zweifel zu leiten und um uns mit der Wahrheit vertraut zu machen, denn ohne das Wissen um diese Wahrheit wäre die gesamt Welt für uns bedeutungslos.
Alle Propheten riefen auf zum Glauben an ein Leben nach dem Tod
Sie betonten den Glauben an das Leben nach dem Tod so stark, dass sogar der leiseste Zweifel daran bedeutete, Gott zu verleugnen. Die Propheten Gottes kamen und gingen, die Epochen ihres Wirkens sind über Tausende von Jahren verstreut, aber das Leben nach dem Tod verkündeten sie alle.
Wann sollen/können wir Menschen mit der Auferstehung rechnen? Was sagt der Qur’an dazu?
Erleben wir die Auferstehung direkt nach dem Tod und ist über unsere Zukunft dann entschieden? Nach den Aussagen des Qur’ans und den Berichten des Propheten erlebt keiner die Auferstehung direkt nach dem Tod, weil der Tag des Jüngsten Gerichts mit einer Reihe von Umwälzungen und Veränderungen aller irdischen und himmlischen Phänomene wie Bergen, Seen, Mond, Sonne, Sternen und Galaxien einhergeht. Nichts wird am Tag des Jüngsten Gerichts in seinem vorherigen Zustand bleiben. Wir sehen, dass die Welt noch existiert und vielleicht noch Millionen oder Milliarden Jahre mit Abermillionen von Menschen, die noch kommen werden, existieren wird.
Aus Sicht des Quran wird in diesem Zeitraum zwischen Tod und Jüngstem Gericht keiner je einen unbewussten oder sinnlich nicht wahrgenommenen Zustand durchmachen. Man betritt nach dem Tod einen neuen Lebensabschnitt, in dem man alles sinnlich und bewusst wahrnimmt. Daher besteht die Welt nach dem Tod dem Qur’an zufolge aus zwei Stufen: die erste ist wie die gegenwärtige vorübergehend und wird Zwischenwelt genannt, die zweite ist die Welt des Jüngsten Gerichts und währt ewig.
Die Zwischenwelt – Barzakh
Im Qur’an steht dazu: „Wenn dann der Tod an einen von ihnen herantritt, sagt er: „Mein Gott, bringe mich zurück, auf dass ich Gutes tue von dem, was ich unterlassen habe… hinter ihnen steht eine Schranke bis zu dem Tage, an dem sie auferweckt werden.“ (al-i-Imran | 3:99-100) Es gibt viele Verse, die zeigen, dass man zwischen Tod und Auferstehung ein Leben führt, in dem man intensiv fühlt, sich unterhält, Freude, Leid und Kummer empfindet und am Ende eine Art Glücksgefühl hat:
– einige Verse beziehen sich auf die Unterhaltung zwischen den tugendhaften und den üblen Menschen und den göttlichen Engeln nach dem Tod
– andere Verse sagen aus, dass die Engel den Tugendhaften nach dem Tod den Genuss aller Segnungen Gottes anbieten: „Zu ihnen, die von den Engeln friedlich abberufen werden, sprechen die Engel: „Friede sei auf euch! Tretet ein in das Paradies für das, was ihr zu tun pflegtet.“ (an-Nahl | 16:32 oder Ya-Sin | 36:26.27),
– es gibt auch Verse, die keine Unterhaltung von Mensch und Engeln zum Ausdruck bringen, sondern nur das schöne Leben der Rechtschaffenen und das miserable Leben der elenden Menschen während des Zeitraums zwischen Tod und Auferstehung beschreiben: …“Sie leben bei ihrem Schöpfer, und sie werden dort versorgt. Sie freuen sich über das, was Gott ihnen von Seiner Huld gab…“ (al-i-Imran | 3:169f.).
Es gibt eine Überlieferung, wonach das Leben des Menschen nur ein Schlaf ist, aus dem er in der Minute erwacht, in der er stirbt. Wie ein schlafender Mensch eine im Vergleich zu einem wachen Menschen schwächere Wahrnehmungsfähigkeit hat, so ist das Leben des Menschen im Diesseits gegenüber dem im Jenseits unvollkommen.
Auferstehung
Die Auferstehung ist die zweite Stufe des ewigen Lebens. Im Gegensatz zur Zwischenwelt, die die individuelle und sofortige Ankunft des Menschen betrifft, umfasst der Jüngste Tag die gesamte Menschheit der Welt. Mit der Auferstehung gelangt das gesamte Universum in eine neue Phase des Lebens. Die neue Welt wird eine völlig andere Ordnung und Gesetze haben und für immer fortdauern. Im Qur’an gibt es verschiedene Bezeichnungen für die Auferstehung, von denen jeder eine bestimmte Eigenschaft von ihr wiedergibt. So wird sie z.B. der Tag der Versammlung oder Tag der Begegnung oder Tag der Enthüllung der Geheimnisse oder Tag der Darlegung all unserer Taten genannt, weil dann das innerste Wesen offengelegt und die verborgenen, komplexen Wahrheiten enthüllt werden. Sie wird als Tag der Ewigkeit, Tag des Klagens oder Tag der Reue genannt und da sie das großartigste Ereignis darstellt, wird sie auch große Botschaft genannt.
Was ist die Verbindung zwischen dem diesseitigen und jenseitigen Leben?
Der Prophet Muhammad (s.) sagte: „Diese Welt ist ein Acker für die andere Welt“, denn das jenseitige Leben ist untrennbar mit dem diesseitigen Leben verbunden. Reiner aufrichtiger Glaube, Bewusstsein von moralischen Werten, gute Taten wie Opferbereitschaft, deren Ergebnis Vervollkommnung von Gesellschaft und Menschheit sind, und das sich Enthalten von Gier, Neid, Täuschung, Hass oder Zwietracht und übler Nachrede bringen uns zu ewiger Glückseligkeit.
Nach dem Qur’an werden all unsere Tagen für immer festgehalten: „An jenem Tag wird jede Seele vorfinden, was sie an Gutem getan hat, und was sie an Bösem getan hat…“ (al-i-Imran | 3:30) …“und sie werden all das, was sie getan haben, gegenwärtig finden“… (al-Kahf | 18:49) „An jenem Tag kommen die Menschen in Gruppen zerstreut hervor, damit ihnen ihre Werke gezeigt werden. Wer auch nur eines Stäubchens Gewicht Gutes tut, der wird es dann sehen. Und wer auch nur eines Stäubchens Gewicht Böses tut, der wird es dann sehen.“ (az-Zalzala | 99:6-8)
Gemeinsamkeiten/Unterschiede von diesseitigem und jenseitigem Leben
Beide sind wahr und wirklich. Man ist seiner selbst sowie all dessen, was zu einem gehört, bewusst und empfindet Freud und Leid, Glück und Kummer. Im Gegensatz zum Jenseits finden sich in dieser Welt Fortpflanzung, Geburt, Kindheit, Jugend, Alter und Tod. In dieser Welt muss man die Saat ausstreuen, den Boden bestellen, aber in der anderen Welt erntet man von den Anstrengungen, die man in dieser Welt unternommen hat. Hier im Diesseits sind wir immer hinter dem her, was uns fehlt, und unzufrieden mit dem, was wir besitzen, und suchen immer weiter nach anderem. Im Jenseits ist man mit seiner innersten Natur und Sehnsucht vereint, dem ewigen Leben in der Nähe des Schöpfers….“….von dort werden sie nicht weggehen wollen…“ (al-Kahf | 18:108)
Wie erklärt der Qur’an die Existenz der Auferstehung?
Mit Verweisen auf das System von Leben und Tod auf der Erde: „Und Gott ist es, der die Winde sendet, die das Gewölk hochtreiben. Dann treiben Wir es über eine tote Stadt und beleben damit die Erde nach ihrem Tode. Ebenso wird es bei der Auferstehung der (Toten) sein.“ (22:5-7)
Sind Paradies und Hölle materiell?
Es gibt viele Muslime, die fälschlicherweise Himmel und Hölle für materielle Orte halten, in denen die im Qur’an beschriebenen Freuden und Strafen körperlich erfahren werden. Sie nehmen das, was der Qur’an bildlich dazu sagt, wörtlich. Der Qur’an sagt über den Tag des Gerichts: Die Seele wird am Tag des Jüngsten Gerichts dem Schöpfer Rede und Antwort stehen: „Und einem jeden Menschen haben Wir seine Werke an den Nacken geheftet; und am Tag der Auferstehung werden Wir ihm ein Buch vorlegen, das er entsiegelt finden wird. ‚Lies dein Buch. Heute genügt deine eigene Seele als Buchhalterin wider dich.“ (al-Isra Bani Isra’il | 17:14,15)
Somit muss der Qur’an metaphorisch ausgelegt werden, denn am Tag der Auferstehung wird es keine materiellen Körper geben und der Mensch nur anhand seiner Seele anwesend sein. Für die künftigen Bewohner des Jenseits gibt es bildhafte Beschreibungen über das, was sie erwartet: „Und bringe denen eine Frohbotschaft, die glauben und gute Werke tun, dass Gärten für sie da sind, durch die Ströme fließen. Wann immer ihnen von den Früchten daraus gegeben wird, werden sie sprechen: ‚Das ist, was uns zuvor gegeben wurde‘, und (Gaben) ähnlicher Art sollen ihnen gebracht werden.“ (Al-Baqara | 2:26) Wäre das Paradies materieller Art und damit eine identische Widerspiegelung des irdischen Lebens, würde es nicht heißen, dass die Menschen das Leben in der hiesigen Welt nicht dem Jenseits vorziehen sollten: „Jenen, die das Leben hinieden dem Jenseits vorziehen und abwendig machen von Gottes Pfad und ihn zu krümmen trachten – sie sind es, die sich im großen Irrtum befinden.“ (Ibrahim | 14:4)
Konkret wird immer wieder gesagt, dass das Gute, das die Menschen tun, Gutes für ihre eigene Seele sei: Wenn die Vervollkommnung der Seele als höchstes Lebensziel gefordert wird, dann kann es kaum sein, dass die Freuden des Paradieses materieller Natur sein sollten: Die Dinge dieser materiellen Welt sind zeitweilig: „Und was euch auch an Dingen gegeben war, es ist nur ein zeitweiliger Genuss dieses Lebens und sein Schmuck; und das, was bei Gott ist, ist besser und bleibender. Wollt ihr denn nicht begreifen?“ (Al-Qasas | 28:61)
Die Dinge im Diesseits unterscheiden sich von denen im Jenseits
Wenn das, was bei Gott ist, besser ist, kann es eben nicht das Gleiche sein, was wir in dieser Welt genießen. Der Qur’an macht den rein seelischen und symbolischen Charakter des Jenseits deutlich, indem er über das Leben der Rechtschaffenen im Paradies sagt: „Und niemand weiß, was für eine Augenweide für sie verborgen ist als Lohn für ihre Taten“. (As-Sagda | 32:18) Trotz der vielen Beschreibungen des Qur’an weiß also niemand, wie das Paradies tatsächlich aussieht. Das bedeutet, dass alle anderen Beschreibungen im Qur’an bezüglich Himmel und Hölle sinnbildlich bzw. metaphorisch zu sehen sind.
Feuerbrennen in der Hölle?
Sinnlos wäre es auch, wenn die Bestrafung in der Hölle tatsächliches Brennen wäre. Die Insassen der Hölle werden ja dafür bestraft, dass sie auf der Erde ihre seelischen Qualitäten nicht entfalteten und sich ganz dem weltlichen Leben hingaben (siehe al-Ahqaf | 46:21). Der Qur’an sagt z.B. über das Feuer der Hölle, dass es die Herzen der Menschen betrifft. (Al-Humaza | 104:6-10). Es wird also der unglückliche Zustand ihres Herzens sein, in den sie sich durch falschen Stolz, Habgier und unaufrichtiges Verhalten gebracht haben. Diese Hölle werden jene erleben, die in ihrem irdischen Leben nur Wert auf ihre körperlichen Genüsse gelegt haben und dadurch den wahren Sinn des Lebens – die Verfeinerung der Seele – vernachlässigten.
Sind Paradies und Hölle ewig?
Der Qur’an sagt, dass der Zustand der Hölle so lange andauern kann, dass er wie eine Ewigkeit erscheint: „Die aber ungläubig sind und Unsere Zeichen leugnen, die sollen Bewohner des Feuers sein; darin müssen sie bleiben.“ (al-Baqara | 2:40) An anderer Stelle heißt es: „Wenn jener Tag kommt, dann wird keine Seele sprechen, es sei denn mit Seiner Erlaubnis; dann sollen die einen von ihnen unselig sein und (die anderen) glückselig. Was nun die betrifft, die unselig sein sollen, so werden sie ins Feuer gelangen, worin für sie Seufzen und Schluchzen sein wird, um darin zu bleiben, solange die Himmel und die Erde dauern, es sei denn, dass dein Schöpfer es anders will. Wahrlich, dein Schöpfer bewirkt alles, was Ihm gefällt. Was aber die anbelangt, die glückselig sein sollen, sie werden in den Himmel kommen, um darin zu verweilen, solange die Himmel und die Erde bestehen, es sei denn, dass dein Herr es anders will – eine Gabe, die nicht unterbrochen werden soll.“ (Hud | 11:106-109)
Es sei darauf verwiesen, dass Gott über die Dauer des Himmels hinzufügt: „eine Gabe, die nicht unterbrochen werden soll“, während dieses bei der Angabe der Dauer der Hölle nicht erwähnt wird. Wenn wir betrachten, wie der Qur’an die Natur der Hölle beschreibt, so lesen wie: „Der aber, dessen Waage leicht ist, Seine Mutter wird die Hölle sein. und was lehrt dich wissen, was das ist? – Ein rasendes Feuer.“ (Al-Qaria | 101:9-12) Wir wissen, dass der Qur’an bildhafte Gleichnisse benutzt, um auf etwas hinzuweisen. Also ist derjenige, der in der Hölle ist, wie ein Embryo, der in der Mutter ist, was jedoch, wenn die Zeit reif ist, den Mutterleib wieder zu verlassen, vorbei ist. Die Hölle ist somit ein Aufenthaltsort, in der die Insassen (die sich im irdischen Leben nicht in einen Zustand versetzt haben, der sie befähigt, in der reinen spirituellen Sphäre des Jenseits zu leben) wie in einem Krankenhaus von ihrem geistigen Leiden geheilt werden. Dieses ist natürlich ein schmerzhafter Prozess.
Während der Qur’an mehrfach für das Paradies anführt, dass es nicht enden wird, (Fussilat | 41:9; al-Inschiqaq | 84:26; at-Tin | 95:7) ist bei der Beschreibung der Hölle dieser Zusatz nicht eindeutig zu ersehen: Darüber hinaus finden wir Aussprüche des Propheten, die besagen, dass eines Tages die Hölle nicht mehr existieren wird und damit auch die Insassen der Hölle nicht mehr in ihr sein werden: ‚In der Hölle wird es einen Tag geben, wenn seine Tore gegeneinander schlagen und niemand mehr in ihr sein wird.‘ (Muslim, Bukhari) Gott selbst erklärt im Qur’an: „Ich treffe mit Meiner Strafe, wen Ich will; doch meine Barmherzigkeit umfasst jedes Ding…“ (al-A’raf | 7:157)
Warten im Paradies Jungfrauen auf den Gläubigen (Huris)?
Wie bereits angesprochen ist das Jenseits nicht materiell zu verstehen, sondern es handelt sich bei Himmel und Hölle um spirituelle Orte, die nicht mit unserer diesseitigen Welt (arabisch: dunya) vergleichbar sind. Die Vorstellung von einem Paradies mit Jungfrauen, in dem sinnliche Vergnügungen auf den Menschen warten, ist nicht nur von falschen und männlichen Gelüsten geprägt, sondern widerspricht zutiefst den Geboten und dem Wesen Gottes. Um den Menschen eine ungefähre Vorstellung vom Paradies zu vermitteln, hat Gott im Qur’an in Gleichnissen davon gesprochen. So auch von den Huris, was oftmals mit Paradiesjungfrauen übersetzt wird. Der Qur’an sagt darüber Folgendes: „Ihnen aufwarten werden Jünglinge, die nicht altern….“ (al-Waqi’a | 56:18) „Holdselige ……… mit großen herrlichen Augen gleich verborgenen Perlen.“ (al-Waqi’a | 56:23,) „Darinnen (im Paradies) werden (Keusche) sein mit züchtigem Blick, die weder Mensch noch Dschinn vor ihnen berührt hat – Welche der Wohltaten Gottes wollt ihr da leugnen?….“ (ar-Rahman | 55:57-58)
Die Übersetzung von Huris mit „Paradiesjungfrauen“ ist demnach falsch, da die paradiesischen Huris weder männlich noch weiblich sind, sondern wie auch die Seele, wenn sie ins Jenseits eingeht, geschlechtsneutral ist. Wenn von Reinheit, Keuschheit und Unberührtheit die Rede ist, so bedeutet dies aber, dass diese Wesen vollkommen Gott ergeben sind und Ihm allein ihre ganze Aufmerksamkeit widmen. Wie stark wäre der Widerspruch im Werk Gottes, wenn von uns auf der Erde Keuschheit verlangt wird, um rein zu werden, wir jedoch im Jenseits mit genau dem Gegenteil „belohnt“ werden würden? Dieses riefe Heuchelei hervor und keine aufrichtigen Gläubigen und entspräche ganz und gar nicht der Weisheit Gottes. Diese Gleichnisse sind daher strikt metaphorisch bzw. im übertragenen Sinne zu verstehen.
Bismillahe Rahmane Rahim
Das Bismillah der islamischen Welt hat den Kreuzrittern und Händlern des frühen Mittelalters einen solchen Eindruck gemacht, dass sie das Gottesvertrauen, das diese Formel ausdrücken soll, mit einem Zauberspruch verwechselten. Aus Bismillahe Rahmane Rahim wurde im deutschen Sprachgebrauch ‚Simsalabim‘! Bismillah bedeutet im Namen des einzigen Gottes, Rahman (der Erbarmer) ist der gnädige Schöpfer, der uns mit dem Reichtum seiner Schöpfung und dem Leben beschenkt hat, das Beste aus diesem Leben zu machen, aber auch mit der Freiheit, gegen seine Gesetze zu verstoßen. Rahim ist die barmherzige Mutter (das Wort Rahim kommt von der Wurzel Mutterschoß/Gebärmutter). Die Mutter, die ihr Kind am Ende des Lebens aufnimmt und die Taten des Kindes mit den Augen der Mutter beurteilt.
Der Prophet antwortete auf die Frage, was Barmherzigkeit bedeute, folgendermaßen: „Jede gute Tag ist Barmherzigkeit. Dem Dürstenden Wasser reichen – ist Barmherzigkeit. Einen Stein aus dem Weg schaffen – ist Barmherzigkeit. Den Nächsten überzeugen, er möge tugendhaft sein – ist Barmherzigkeit. Dem Wanderer den Weg zeigen – ist Barmherzigkeit. Lächeln, indem wir dem Nächsten ins Antlitz schauen – ist Barmherzigkeit.“
Sich auf den Tod vorbereiten
Die erste Frage, die man sich angesichts des Todes stellen sollte, ist die nach dem erfüllten Leben. Eine alte Tradition in der Türkei vor einer langen Reise heißt „halallaschmak“ (von halal – das Erlaubte), auf Deutsch übersetzt in etwa: Klärung herbeiführen. Bevor man eine gefährliche und lange Reise antritt, von der man eventuell nicht zurückkehrt, versucht man seine Angelegenheiten ins Reine zu bringen. Man sucht daher Verwandte, Freunde, Bekannte oder Geschäftspartner auf, bezahlt seine Schulden und bittet um Klärung von potentiellen Konflikten. Wir finden hier eine konkrete Vorstellung von Sünde und dem „Jüngsten Tag“.
Stellen wir uns den Tag des Glaubens bzw. des Jüngsten Gerichts bildlich vor, haben wir als Hauptankläger Gott. Wir vertrauen darauf, dass Gott, der Barmherzige, alle Sünden, die wir gegenüber Gott selbst begangen haben, mild beurteilen wird. – Wenn wir nicht genügend gebetet haben, das Fasten gebrochen haben etc. kann Gott dies verzeihen. Nebenkläger sind jedoch alle Menschen, denen wir geschadet haben. Diese können auch im Jenseits auf eine Sühne bestehen. Um sein jenseitiges Leben nicht zu belasten, sollten daher Schulden und Sünden, die man bei anderen Menschen hat bzw. gegen diese begangen hat, noch im Diesseits gesühnt werden. „Sich auf den Tod vorbereiten“ heißt also zum einen auf ein gerechtes Leben zu achten und sich von Sünden fernzuhalten. Sünden oder negative Handlungen mir selbst oder Anderen gegenüber werden auf jeden Einzelnen zurückgeworfen. Die negative Energie von Sünden spüren wir beispielsweise in unserem „schlechten Gewissen“. Sünden, die wir unserem Körper gegenüber begehen, müssen häufig mit Krankheit bezahlt bzw. gesühnt werden.
Die Menschen wurden von GOTT als „Statthalter auf Erden eingesetzt“. Wir sind also Mieter der Schöpfung und werden daran gemessen, wie verantwortungsvoll wir mit ihr umgehen. Der gute Zwillingsbruder der Sünde ist die Verantwortung. Nichts, was wir auf dieser Welt anhäufen, gehört uns, es ist uns nur zeitweise überlassen. Der Prophet sagt diesbezüglich: „Denkt oft an den Tod, der die weltlichen Genüsse unbedeutend macht.“ Verantwortliches Leben heißt jedoch nicht völlige Askese. Es geht vielmehr darum, den Ausgleich zu schaffen zwischen der Ausrichtung auf das Jenseits und der Ausrichtung auf das Diesseits. „Bete so viel, als wäre morgen der Jüngste Tag und arbeite so viel, als müsstest Du ewig leben“, empfiehlt uns der Prophet. Sich auf den Tod vorzubereiten heißt aber auch die sogenannte Taqwa einzuüben. Taqwa bedeutet Bewusstsein GOTTES. Gottesfurcht, Gottvertrauen und das Spüren der Gegenwart GOTTES, der „näher ist als die Halsschlagader“. Viele Rituale im Islam sollen dazu dienen, Taqwa einzuüben, das Fasten und das Gebet sind hierbei an erster Stelle zu nennen. Ist man fest im Glauben, erwartet man den Tod mit leichtem Herzen, denn der Prophet sagt: ‚Der Tod ist für den Gläubigen ein Geschenk.‘ Weiter sagte der Prophet zum Thema Tod: ‚Die Taten eines Menschen enden mit seinem Tod, außer in drei Fällen: einer Spende mit fortlaufendem Nutzen, Wissen, von dem andere profitieren und einem rechtschaffenen Kind.‘
[1] Blutegel-Zeichnung aus Human Development as Described in the Quran and Sunnah], Moore und andere, S. 37; Embryo-Zeichnung aus The Developing Human, Moore und Persaud, 5. Auflage, S. 73.
[2] The Developing Human, Moore und Persaud, 5. Auflage, S. 65f.
[3] John Archibald Wheeler, „Die geheime Physik des Zufalls. Quantenphänomene und Schicksal„.