Freitagsansprache – Die Eigenschaften der Verstandsbesitzer

Ayatollah Dr. Reza Ramezani

Eine bedeutungsvolle Thematik, mit der sich jeder Mensch auseinandersetzen sollte, ist die Bindung an den heiligen Qur’an. Der Grund dafür ist, dass dieses Buch für die Muslime als heilig gilt und den Weg zur Glückseligkeit und wahrhaftigen Andacht Gott gegenüber preisgibt. Daher ist es sehr wichtig, dass sich die Muslime neben der Rezitation eine gewisse Besinnung und Überlegung über diese lichterfüllten Qur’anverse aneignen, da sich dadurch eine intensive Verbundenheit ergibt.

Aus pädagogischer Sicht erkennt man, in welcher Position und Stellung man sich im Leben befindet, wodurch die eigenen moralischen Fehler und Makel begreifbar werden. Wenn man sich über diese Qur’anverse ernsthaft Gedanken macht, ist es nachvollziehbar, dass man eine Korrektur im negativen Verhalten ausübt. Anhand dieser Einleitung erschließt sich, warum Muslime ihr Verhalten und ihre Redewendungen nach den qur’anischen Lehren ausrichten sollten. Deswegen ist es sehr bedauernswert, dass es „oberflächliche“ Muslime gibt, die noch nicht einmal den einfachsten Verbindungsweg zu den göttlichen Worten (wie die Qur’an-Rezitation) herstellen konnten, geschweige denn sich über diese Worte besinnen!

Die Vertrauenserzeugung durch den Qur’an als Einführung in die Rechtleitung des Menschen

Es ist offensichtlich, dass die Muslime bei angemessener Auseinandersetzung mit dem Qur’an dieses edle Buch als besten Lebenswegweiser begreifen werden. Dieses Buch kann sich bei inniger Zuwendung als harmonischster Partner und Freund herausstellen. Die Voraussetzung dafür ist, dass man diese lichterfüllten Worte bewahrt und als Wegweiser zur menschlichen Glückseligkeit betrachtet. Dieser Blickwinkel ist Ursache für den Beweggrund der Rechtleitung und daher höchst notwendig.

 Sofern jeder Muslim sich nicht über seine Betrachtungsweise des Qur’ans Gedanken macht, wird er nicht den erforderlichen Nutzen für die Erlangung der irdischen und jenseitigen Seligkeit ziehen können. Demzufolge richteten wir in der Zuversicht Gottes die Freitagspredigten anhand ausgewählter Qur’anverse an diesem thematischen Schema aus. Durch die Hoffnung auf eine intensive Besinnung und Einkehr in die Qur’anverse können sie Anlass für ein einwandfreies Denkvermögen und für eine Pflichtanerkennung der Muslime werden.

Eine Gedankenausweitung mithilfe der Verbundenheit zum Qur’an

Der heilige Qur’an erschließt angesichts der vielen Möglichkeiten der Menschen immerwährend eine Potenzialsteigerung und leitet seine Leser Schritt für Schritt dazu an. Selbst wenn es einige gibt, die diese Weisungen annehmen und dadurch ihre Zielgerade am Ende des Pfads erreichen, existieren andere, die ihrem Potenzial nicht gerecht wurden und sich leider für den Irrweg entschieden haben. Gott sagt hierzu folgendes: „Wir haben ihm ja den (rechten) Weg gezeigt, ob er nun dankbar oder undankbar (dafür) ist.“ (Al-Insan | 76:3). In einem anderen Vers sagt Gott: „Und wir haben ihn auf den wohltuenden und schlechten Weg rechtgeleitet (beziehungsweise ihn offenkundig werden lassen)!“ (al-Balad | 90:10).

Aufgrund dieser edlen Verse kommt es am Ende auf den Menschen selber an, welchen Weg er einschlagen wird. Sei es der Weg, der ihn dazu führt, dass er den Pfad der Vervollkommnung einschlägt und somit seine Fähigkeiten und Potenziale erweitern kann. Oder er wird andererseits den Weg auswählen, auf dem seine Begabungen untergehen und sozusagen „verkommen“. Hinsichtlich dieser Auswahl eignet sich diese Person natürlich bestimmte Merkmale an. Falls sich der Mensch den rechten und richtigen Weg aussucht, kann man ihm folgende Eigenschaften beimessen: „Geduldig, dankbar, gottergeben, fromm, weise, gläubig, gottesfürchtig…“ Im Falle der Auswahl des Irrwegs können diese Eigenschaften ihn charakterisieren: „Ungläubig, unstimmig, polytheistisch, unterdrückend, ungehorsam, sittenlos…“ In diesem Zusammenhang gibt es im Weiteren bezüglich dieser Charaktertendenzen viel zu erläutern.

Die Eigenschaften der Verstandsbesitzer und „Denker“ im heiligen Qur’an

Eine Charaktereigenschaft, die der Qur’an als „zielgerichtet“ und „wahrheitsgemäß“ bezeichnet, wird auch „Ulu al-Albab“ bezeichnet (Al-Baqara | 2:179, 197, 269; Al-’Imran | 3:7. 19; Al-Ma’ida | 5:100; Yusuf | 12:111; Ar-Ra’d | 13:19; Ibrahim | 14:52; Sad | 38:29-42; Az-Zumar | 39:9. 18; Ghafir | 40:54; Al-Talaq | 65:10). Die „Ulu al-Albab“ sind Menschen, die Vernunft, Verstand und Denkvermögen besitzen und davon stets Gebrauch machen. Sobald diese Menschen mit der Wahrheit konfrontiert werden, nehmen sie diese uneingeschränkt und ohne Zweifel an. Sie erkennen somit in Wirklichkeit den wahren und rechtleitenden Weg. Außerdem bekennen sie sich dazu nicht nur oberflächlich, sondern bemühen sich stets darum, dementsprechend zu handeln, damit sie aus der Wahrheit Nutzen ziehen können.

In der Sure Ar-Rad (13) werden in Vers 19 bis 25 diese Wesensmerkmale erläutert. Des Weiteren werden auch Eigenschaften des Gegenpols der „Ulu al-Albab“ beschrieben. Im Folgenden ist es jedoch angemessener, dass wir die allgemeinen Schlusspunkte zusammenfassen. Zuerst wird ausgesagt: „Ist etwa jemand, der weiß, dass das die Wahrheit ist, was zu dir von deinem Herrn (als Offenbarung) herabgesandt worden ist, wie jemand, der blind ist? Jedoch bedenken nur diejenigen, die Verstand besitzen.“ (Ar-Rad | 13:19) Hier wird deutlich beschrieben, dass die „Verstandesbesitzer“ diejenigen sind, die das Buch Gottes und deren Offenbarung zum Propheten Muhammad (s.) als Wahrheit ansehen. Außerdem glauben sie daran, dass dieses Buch als Konzept zur Wegweisung dient, damit der Mensch seine Glückseligkeit im Diesseits und im Jenseits erlangen kann. Daher kann man zweifellos erkennen, dass diese Menschen niemals mit blinden oder irregeführten Personen zu vergleichen sind. Demgemäß agieren die „Ulu al-Albab“ auf Grundlage dieser Basis und bauen auch darauf auf.

In den weiter folgenden Versen dieser qur’anischen Sure wird eines der ersten Erkennungszeichen der Verstandsbesitzer angedeutet: „Diejenigen, die Allahs Bund halten und das Abkommen nicht brechen.“ (Ar-Rad | 13:20). In den voraus gegangenen und weiteren Versen wird erneuert eindringlich betont, dass die wichtigste Beziehung zu Gott die des Gottesdieners ist, welcher sich auf dem rechten und wahrhaftigen Weg befindet: „Habe Ich euch, oh Kinder Adams, nicht als Verpflichtung (Abkommen) auferlegt, dass ihr nicht dem Satan dienen (anbeten) sollt, denn er ist gewiss euch ein deutlicher Feind?! * Und dass ihr mir dienen sollt? Das ist der gerade Weg!“ (Yasin | 36:60f.)

Wenn die Menschen entsprechend dieser Verse diese Beziehung achten und dabei ihre eigene Stellung fänden, wären sie besser in der Lage, das Recht der Mitmenschen zu begreifen. Infolgedessen sollte sich jeder Mensch bewusst machen, dass sein Schöpfer allein Gott ist und er ein erschöpfter Mensch, der niemals die Grenzen seiner Stellung im Leben überschreiten darf. Denn dadurch wird er zur Ansicht gelangen, dass er der eigentliche Eigentümer und Gebieter dieser Welt ist, obwohl er normalerweise wie alle Geschöpfe der Diener Gottes ist. Deshalb kann man mit Stolz sagen, dass alle Propheten, welche sich auf dem Weg zur Wahrheit befanden, als Diener Gottes auftraten. Zu dem Zweck wird auch ihr hoher Rang entsprechend der Dienstbereitschaft Gott gegenüber bewertet. Man erkennt ach am Glaubensbekenntnis eines Muslims („Shahada“), dass beim Propheten Muhammad (s.) als Erstes auf seine Dienstbereitschaft zu Gott eingegangen wird und danach auf seine lichtdurchflutende Prophetie, „…Ich bezeuge, dass Muhammad Sein Diener und Gesandter ist…“ Aus diesem Grund sollten die Menschen niemals dieses Abkommen brechen, da dies bewirkt, dass sie von der Dienstbereitschaft und somit auch vom rechten Weg abweichen.

Gott deutet in dem zweiten Erkennungszeichen der „Ulu al-Albab“ folgendes an: „Und sie verbinden, was Allah befohlen hat zu verbinden, sie fürchten ihren Herrn und haben Angst vor Vergeltung (Jüngsten Gericht).“ (Ar-Rad | 13:21) Ein Beispiel für diese Verbindung kann die Bindung zu dem Propheten (s.) und den Imamen (a.) sein. Außerdem ist ein weiterer Beleg für diese Verbindung die Bindungen zu der Familie, vor allem aber zu den Eltern.

Grundsätzlich kann man erwägen, dass der Islam jede Art von Bindung betont, die zum individuellen und kollektiven Wachstum und zur Vervollkommnung des Menschen führt. Dabei kommt es nicht darauf an, inwieweit diese Bindung angeeignet wurde, egal ob spirituell oder materiell: wie zum Beispiel Beziehungen, Freundschaften oder Verbindungen mit Menschen, die einen spirituellen hohen Rang bei Gott besitzen, oder zu religiösen Oberhaupte. Denn es entsteht durch diese Verbundenheit eine gewisse Stabilität in der Denkweise, Überzeugung, Moral und Handlung. Dabei hilft es dazu, sich als Mensch mehr der eigentlichen Philosophie der Schöpfung anzunähern und dadurch auch die mitmenschlichen Beziehungen zu verbessern.

Der Islam erwähnt diesbezüglich auch immer wieder die Beziehung zu der Familie (Selleye Rahem), da sie individuelle und kollektive Einflüsse im Leben beinhaltet. Selbst wenn dazu kommen sollte, dass Familienangehörige den Kontakt abbrechen, berät der Islam dazu, die Verbindung mit ihnen wieder aufzunehmen. Diese Verbundenheit ist ein Zeichen der Vernunft des Menschen, denn der letzte Qur’anvers sagt aus, dass die Bewahrung dieser Bindungen Zeichen eines vernünftigen Gläubigen ist.

Geprägt von Gottesfurcht

In Bezug auf die vergangene Thematik wurden die Eigenschaften der „Ulu al-Albab“ (Verstandsbesitzer) in der Qur’ansure Ar-Rad beschrieben. Außerdem wurden einige von diesen wie beispielsweise die Treue und Zuverlässigkeit den göttlichen und menschlichen Regeln gegenüber besonders hervorgehoben. Immer wieder werden weitere Charaktereigenschaften der Verstandsbesitzer wie die „Gottesfurcht“ (Ar-Rad | 13:21) benannt. Generell ist Gott allein derjenige, der wahrhaftig Herrlichkeit und Größe besitzt. Dadurch wird eine bestimmte Wahrnehmung im Inneren des Menschen erweckt. Sein Glaube daran, dass Gott die Quelle aller Existenz ist, führt nämlich dazu, dass sein Herz Gott mehr wahrnimmt. Daher ist bei denjenigen, die ihr wahrhaftiges Wissen genutzt haben, die Gottesfurcht stärker ausgeprägt. Gott sagt hierbei folgendes: „Unter den Dienern Gottes fürchten ihn (Gott) wahrhaftig nur die Wissenschaftler.“ (Fatir | 35:28)

Der Rang und die Arten der „Furcht“

Eines der weiteren Kennzeichen der Verstandsbesitzer ist die „Gottesfurcht“, welche fortlaufend in Vers 21 der Sura Ar-Rad beschrieben wird: „Und sie fürchten ihren Herrn; und sie fürchten sich vor der Abrechnung (Tag des Jüngsten Gerichts).“ Das Wort „Furcht“ (Khauf) stellt eine Art von Angst dar, welche in dem Gläubigen angesichts der göttlichen Gerechtigkeit hervorgerufen wird. Diese Furcht wird als lobenswert angesehen und dient gleichzeitig dazu, dass der Mensch mehr auf sich Acht gibt. Deswegen kann man bemerken, dass die Furcht mehrere Unterscheidungen besitzt, von denen die eine die „lobpreisende“, die andere die „geringschätzige“ und die dritte die „natürliche“ Furcht ist. Für die „lobpreisende“ Furcht gibt es eine anschauliche Erklärung: Die Angst vor der „bösen Vergeltung“ entsteht vor allem durch ein unmoralisches Verhalten des Menschen. Aus diesem Grund sollte sich der Mensch lieber vor sich selbst und seiner Persönlichkeit fürchten, da er im Prinzip der Gestalter seines eigenen Ich‘s ist. Demnach wird genau diese Auslegung in dem nächsten Vers belegt: „Was aber jemanden angeht, der den Stand (Rang) seines Herrn gefürchtet und seiner Seele die (bösen) Neigungen untersagt hat.“ (Sura An-Naziat, Vers 40) Somit wird entsprechend durch die Angst vor Gott die Angst vor dem göttlichen Gericht der Gerechtigkeit (dem Jüngsten Gericht) gedeutet! Die bemängelte Furcht ist zum Beispiel die Angst vor der Dunkelheit oder von einer Leiche, wobei ein genauerer Blick zeigt, dass man davor eigentlich keine Angst haben sollte. Es gibt eine weitere Sorte von Angst, die nicht positiv oder negativ, sondern natürlich ist. Diese natürliche Angst entsteht aus dem Naturwesen des Menschen, wie zum Beispiel die Angst vor wilden Tieren. Aus diesem Grund sucht der Mensch eine Zuflucht, damit er nicht vom wilden Tier angegriffen wird. Folglich wird diese Angst eben nicht positiv, aber auch nicht negativ angesehen!

Der Vers erwähnt somit eine der Charaktereigenschaften der „Ulu al-Albab“ und ob sie wirklich die angemessene Furcht vor ihrem Herrn besitzen. Dieses Modell der Angst ist sozusagen die Basis der Weisheit und Erkenntnis. Dies wird in einer der Überlieferungen des Propheten (s.) nachgewiesen: „Die Furcht vor Gott ist die Basis jeder Weisheit.“[1] Somit ist sie die beste und lobenswerte Art von Angst, welche in der Seele der Verstandesbesitzer zu finden ist. Diese Eigenschaft führt dazu, dass sich der Mensch im Gegensatz zu der absoluten Größe und Pracht Gottes stets als klein und belanglos wahrnimmt. Solange sich ein Mensch bescheiden und geringwertig erlebt, wird er sich selbst im Gegensatz zu der absoluten Vollkommenheit Gottes als „Nichts“ sehen. Diesen bestimmten Zustand begreifen nur die wahren und echten Verstandesbesitzer. Somit fürchten nur die Gläubigen, die dieses geringwertige und von Makeln befleckte Gefühl haben, dass sie das Recht Gottes nicht richtig ausgeführt haben.

Die Stellung der Langmut, deren Definition und Vorzüge

Eine der bemerkenswerten Eigenschaften der wahren Verstandesbesitzer ist deren Langmut in schwierigen Zeiten, da sie die Zufriedenheit Gottes erlangen möchten. Daher sagt Gott zu diesen Personen im heiligen Qur’an: „Diejenigen, die langmütig (und standhaft) sind (bei Schwierigkeiten) und sich auf ihren Herrn verlassen.“ (An-Nahl | 16:42 und Al-Ankabut | 29:59) In diesem Vers wird die Langmut und Geduld nicht als Stagnation gedeutet, sondern als Standhaftigkeit und Beständigkeit. Diese erreicht man beispielsweise durch die Ausübung der religiösen Verpflichtungen, die Meidung der religiösen Verbote oder manchmal auch die Konfrontation mit unterschiedlichen Problemen! Dadurch erhält man natürlich von Gott einen ansehnlichen Lohn. Es ist ersichtlich, dass ein nach Vollkommenheit strebender Mensch aufgrund seines Eifers gemäß seinem Bemühen von Gott belohnt wird. Denn Gott deutet hierzu: „Gewiss, diejenigen, die sagen: „Unser Herr ist Gott, der Einzige“, und hierauf standhaft sind, auf sie kommen die Engel herab: „Fürchtet euch nicht, seid nicht traurig, und vernehmt die frohe Botschaft vom (Paradies)garten, der euch versprochen wurde.“ (Fussilat | 41:30) Langmut und Standhaftigkeit sind wichtige Eigenschaften eines Gottesdieners zur Erlangung der Vollkommenheit und göttlichen Nähe. Außerdem bewirkt es, dass das Herz des Menschen sich zur göttlichen Weihestätte entwickelt. Imam Sadigh (a.) drückt hierbei folgendes aus: „Das Herz ist die Weihestätte (und das „Haus“) Gottes. So lass in dieser Weihestätte Gottes auch keinen außer Gott hinein.“[2] Dementsprechend sind gute und gläubige Gottesdiener diejenigen, die nach der Zufriedenheit Gottes streben und dabei standhaft und geduldig bleiben.

Durch diesen Vers ergibt sich ein bestimmter Lehrsatz, der darauf beruht, dass diese Menschen alles dafür tun sollten, die Zufriedenheit Gottes zu erlangen und sich niemals auf das Urteil der Menschen oder des eigenen Ego verlassen sollten! Folglich sollte man sich bei jeglichen Problemen und Schwierigkeiten nur die Genügsamkeit Gottes vor Augen halten. Laut den heiligen Versen des Qur’ans sind diese Menschen in allen Lebenslagen, die Gott ihnen im Diesseits zugeteilt hat, zufrieden und genügsam. „Wir verteilen unter ihnen ihren Lebensunterhalt im diesseitigen Leben und erhöhen die einen von ihnen über die anderen um Rangstufen, damit die einen von ihnen die anderen in Dienst nehmen (und somit zusammenarbeiten); Und die Barmherzigkeit deines Herrn ist besser als das, was sie zusammentragen.“ (Az-Zukhrufs | 43:32) Daher beneiden sie keinesfalls die Menschen, die im materiellen und spirituellen Sinne im Diesseits am meisten profitiert haben. Sie sagen eher aus tiefstem Herzen: „Diesen Segen soll derjenige, der diesen erhalten hat, in vollen Zügen genießen.“ Außerdem beschäftigen sie sich eher damit, inwieweit sie am Tag Gott zufrieden gemacht haben. Ob sie wirklich Gott näher gekommen sind oder nicht?

Gott erwähnt im heiligen Qur’an die Geschichte der Propheten, damit sie uns in der Geduld und Langmut als Vorbild dienen. Wie zum Beispiel die Geschichte vom Propheten Ayyub (Friede sei auf ihn): „Und gedenke unserem Diener Ayyub. Als er zu seinem Herrn rief: „Mich hat der Satan mit Mühsal und Pein heimgesucht.“ (Sad | 38:41) Und in einem anderem Vers steht: „Und Wir fanden ihn standhaft (und langmütig) vor. Welch ein trefflicher Diener! Er war immer wieder zu Gott zurückkehrend.“ (Sad | 39:44) Folglich beschrieb man diesen Propheten als „wahrhaftig geduldig“, nachdem er durch viele schwere Prüfungen heimgesucht worden war. Aufgrund der Erkenntnis und der Weisheit, die Gott besitzt, werden seine Propheten auf eine schwere Probe gestellt. Einige Plagen und Erschwernisse, die sie ertragen mussten, sind der Todesfall von Kindern oder der Verlust des gesamten Hab und Guts. Sie wurden selbst auch mit schmerzlichen Krankheiten geprüft, jedoch blieben sie standhaft und zeigte sich stets ihrem Herrn dankbar.

Laut manchen Aussagen dauerten diese Erschwernisse und Schwierigkeiten des Propheten Ayyubs (a.) sieben Jahre lang an und in anderen Überlieferungen werden sogar 18 Jahre angegeben[3]. In dieser schwierigen Zeit, die er ausgehalten hat, trennten sich alle Menschen außer seiner gläubigen Ehefrau, von ihm. Es kam sogar soweit, dass die Mitmenschen ihn tadelten und abfällig urteilten: Oh Ayyub! Aufgrund einer großen Sünde, die du verübt hast, wirst du von so vielen Plagen und so großem Unglück heimgesucht! Der Prophet Ayyub wurde tiefbetrübt und hob stets seine Hände für Bittgebete. Nach diesen Problemen belohnte ihn Gott durch seine Standhaftigkeit und bewahrte ihn als einen „gottesnahen“ Diener: „Und (auch) Ayyub, als er zu seinem Herrn rief: „Mir ist gewiss Unheil widerfahren, doch Du bist der Barmherzigste der Barmherzigen! *Da erhörten Wir ihn und nahmen das Unheil, das auf ihm war, von ihm hinweg; und gaben ihm seine Angehörigen; und noch einmal die gleiche Zahl dazu; aus Barmherzigkeit von Uns und als Ermahnung für diejenigen, die (Uns) dienen.“ (Al-Anbiya | 21:83-84).

Der Plan der Verständigen

Aus Sicht des Qur’ans haben Menschen mit Verstand einen Plan für sich und andere und versuchen auch die guten Beziehungen zu verstärken. So wie in den voran gegangenen Abschnitten die Eigenschaften der Verstandsbesitzer im Qur’an Sure Al-Ra’ad beschrieben wurden, wird auch in den kommenden Abschnitten darüber gesprochen. Der erhabene Gott bezeichnet die siebte Eigenschaft der Verstandsbesitzer als „Spenden“ und besagt folgendes. „Diejenigen, die von dem, was wir ihnen gegeben haben, im Verborgenen und Offensichtlichen spenden und das Böse durch das Gute abwehren, diese sind es, denen der Lohn der Wohnstatt zuteilwird.“ (al-Ra’ad | 13:22)

Spenden, die Qualität und Arten

Die Verstandsbesitzer sind diejenigen, die nicht nur von ihrem materiellen Besitz spenden, sondern auch von allem, was Gott ihnen gegeben hat. Dies ist ein Teil ihres Plans. Daher ist das ein wichtiger Schritt in Richtung Problemlösung der Menschheit, weil sie verantwortungsbewusster sind als diejenigen, die finanzielle, gedankliche oder andere Probleme haben. Daher wird aus diesem Satz „von dem, was wir ihnen gegeben haben“ folgendes verstanden, nämlich dass die Verstandsbesitzer von ihrem eigenen Besitz wie zum Beispiel Eigentum, Kraft, Wissen und Eloquenz, Schreibkunst, Prestige, gesellschaftliches Ansehen, welches sie als Gottes Segen sehen, den anderen spenden. Dabei soll deren Ziel das Herabflehen von Gottes Segen für alle sein.

In diesem heiligen Vers wird das „Verborgene und Offensichtliche“ erwähnt, was auf die Qualität der Spende hindeutet. Das heißt, dass die Verstandsbesitzer beim Spenden alle Voraussetzungen und Bedingungen abhandeln, bis dies bestmöglich durchgeführt werden kann. Infolgedessen wird manchmal im Verbogenen gespendet, damit die Ehre des Bedürftigen erhalten bleibt. Allerdings ist diese Spende die beste Art. Und manchmal wird diese heilige Tat offen praktiziert, um eine Motivation für die anderen zu sein, sodass diejenigen, die viel besitzen, lernen, andere von dem, was sie von Gott haben, profitieren lassen. Dementsprechend steht auch eine Philosophie hinter dem Spenden, um die Bedürfnisse der armen Menschen in einer Gesellschaft zu stillen. Deshalb muss erwähnt werden, dass diese Spende als verpflichtende und empfohlene auftritt.

Die erwünschte Spende und ihre Wirkung

Zweifelsohne ist die wichtigste Wirkung der Spende auf die Personen, die diese Tat vollziehen, das geistige und gedankliche Wachsen. Aber was beim Spenden wichtig ist, ist die Zufriedenheit Gottes. Sie vernichten nicht die Belohnung für Spende, indem sie Bedürftigen helfen und sie danach belästigen. Denn der erhabene Gott sagt im heiligen Qur’an bezüglich der Belästigung und Vorbehalt der Spende: „O ihr, die ihr glaubt, vereitert nicht eure Almosen durch Vorbehalt und Ungemach.“ (Al-Baqara | 2:264) Außerdem darf diese Spende nicht mit der Absicht, Ansehen zu bekommen, gegeben werden, denn in diesem Vers geht es so weiter: „… gleich dem, der sein Gut ausgibt, um von den Leuten gesehen zu werden, und nicht an Allah glaubt und an den Jüngsten Tag. Das Gleichnis dessen ist das Gleichnis eines Felsen mit Erdreich darüber, und es trifft ihn ein Platzregen und lässt ihn hart. Sie richten nichts aus mit ihrem Verdienst.“

(Al-Baqara | 2:264). Die Spende mit solchen Absichten wird nicht angenommen. Deswegen sagt der erhabene Gott an einer anderen Stelle bezüglich dieser Personen: „Sprich: Spendet willig oder unwillig, es wird doch nicht von euch angenommen. Denn wahrlich, ihr seid frevelhafte Leute.“ (Al-Tauba | 9) Daher soll der Mensch auf Gottes Weg mit reinen Absichten spenden. In einem Vers wird gesagt: „Wir speisen euch nur um Allahs Willen. Wir begehren von euch weder Lohn noch Dank dafür.“ (Al-Insan | 76)

Eine weitere Wirkung dieser wichtigen Anweisung ist, dass wenn eine Person etwas aus Gottes Wege spendet, das von Gott ersetzt wird. Dies bestätigt auch der Qur’an: „Und was immer ihr spendet, Er wird es ersetzen, und Er ist der beste Versorger.“ (Saba` | 34:39) An einer anderen Stelle steht: „Und was immer ihr an Gutem spendet, das soll voll zurückerstattet werden, und es soll euch kein Unrecht zugefügt werden.“

(Al-Baqara | 2:272) Daher ist diese Einstellung des Tages und des Nachts im Herzen der Verstandsbesitzer. Dadurch spenden sie alles, was sie von Gott bekommen. „Diejenigen, die ihren Besitz bei Nacht und Tag, geheim oder offen, spenden, denen ist ihr Lohn von ihrem Herrn (gewiss), und sie brauchen keine Angst zu haben noch werden sie traurig sein.“ (Al-Baqarah | 2:274) Schließlich gehört das Spenden im Qur’an zu den Tugenden, denn Gott lobt die, die „von dem ausgeben, was wir ihnen beschert haben.“ (Al-Baqara | 2:13) Es kann auf zwei Arten gespendet werden: „im Verbogenen und Offensichtlichen“.

Der Islam achtet nicht nur auf die Tat selbst, sondern auch auf die Qualität der Taten. Deswegen ist sehr wichtig, dass man dabei alles beachtet. Aus diesem Grund wurde im Qur’an erwähnt, dass wir die Menschen an ihren besten Taten und nicht an der Zahl ihrer guten Taten messen sollten. Demzufolge sollte ein Spender auch auf die Persönlichkeit des Bedürftigen achten und wissen, dass er von Gott zu ihm oder ihr geschickt wurde. „Der Bedürftige, der zu dir gekommen ist, wurde von Gott gesandt.“[4] Deswegen hat jemand, der nicht hilft, eine wertvolle Gelegenheit verpasst, weil die Probleme dieses Bedürftigen anders gelöst werden und er den Segen Gottes durch einen anderen bekommt. Diese Person, die dem Bedürftigen nicht geholfen hat, hat sich selbst Gottes Segen entzogen. Daher sollte ein Spender eine solche Gelegenheit bestens ausnutzen, um im Jenseits für die gute Tat einen angemessenen Lohn zu empfangen.

Schlusswort

Die Verstandsbesitzer „Ulu Al-Bab“ werden niemals des Spendens müde, sondern fühlen sich durch das Wiederholen dieser Tat froh und gesegnet. Dadurch wollen sie ein Werkzeug Gottes für die Bedürftigen sein, damit die Probleme der Gottesdiener, soweit es möglich ist, gelöst werden. Darin sehen sie ihren Erfolg. Außerdem versuchen sie, die Qualität dieser Tat zu verbessern, um die Zufriedenheit Gottes zu erlangen.

[1] Al-Isfahani, Abu Naim Ahmad bin Abdullah, Hilia al-Aulia, Beirut, Dar al-Kitab al-Arabiyy, 2. Auflage, Jahr 1387 (Mondjahr). Bd. 2. S. 386.

[2] Shairi, Muhammad bin Muhammad, Jami al-Akhbar, Najaf, Matbaa Haidariyya,

  1. Auflage, ohne Datum. S. 185.

[3] Majlisi, Muhammad Baghir, Bihar al-Anwar, Beirut. Dar Ihyaath-Thurath al-Arabiyy, 2. Auflage, Jahr 1403 (Mondjahr). Bd. 12. S. 353-367.

[4] Nahdsch-ul-Balagha, Weisheit. 304.